Corona lässt deutsche Wirtschaft einbrechen
sp Berlin – Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal zwar deutlich eingebrochen, aber immer noch vergleichsweise glimpflich davongekommen. Für das Frühjahrsquartal, in dem die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie voll durchschlagen werden, erwarten Ökonomen anhand erster Daten allerdings einen prozentual zweistelligen Rückgang.Das Bruttoinlandsprodukt ist zu Jahresbeginn der ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge um 2,2 % zum Vorquartal geschrumpft. Die Wirtschaft des Euroraums ist hingegen um 3,8 % im Quartalsvergleich gesunken, obwohl der Jahresauftakt gerade in Deutschland noch vielversprechend ausgefallen war. Im Vergleich mit Frankreich, der zweitgrößten Wirtschaftskraft im Euroraum, wo das BIP um 5,8 % eingebrochen ist, hielt sich Deutschland wacker – auch wenn es der stärkste Rückgang seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und der zweitstärkste Rückgang seit der deutschen Vereinigung war, wie Albert Braakmann, Leiter der Abteilung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bei Destatis, bei der Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse sagte. Das hoch verschuldete Italien, die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft, schrumpfte um 4,7 %. Das bisherige Zugpferd unter den größten Euro-Ländern, Spanien, verzeichnete einen Einbruch um 5,2 %.Zum laufenden Quartal, in dem die Einschränkungen des Wirtschaftslebens wegen der Corona-Pandemie erst richtig zum Tragen kommen werden, äußerten sich die Destatis-Experten zurückhaltend. “Wir machen Diagnosen, keine Prognosen”, erklärte Braakmann. Die Auftragseingänge und der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, die im April abgestürzt sind, hätten erste Indizien geliefert. Die meisten Beobachter rechnen mit einem prozentual zweistelligen Einbruch. “Ob dem so sein wird oder nicht, hängt davon ab, wie es mit den Lockerungen weitergeht”, erklärte Braakmann.”Der Rückgang der Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2020 zeigt bei weitem noch nicht das wahre Ausmaß der Krise”, kommentiert Timo Wollmershäuser, Leiter Konjunkturforschung des Ifo-Instituts. Ein Großteil der Auswirkungen werde erst im April zu Buche schlagen. Die Analysten der Commerzbank rechnen im zweiten Quartal für Deutschland mit einem Minus von mehr als 11 %, während die Deutsche Bank einen Einbruch von 14 % zum Vorquartal voraussagt. Der Deutschland-Chefvolkswirt von Unicredit, Andreas Rees, erwartet einen Absturz von 18,5 %. “Allein im April, als der Shutdown voll griff, dürfte die Wirtschaft um mehr als ein Viertel eingebrochen sein”, sagte Rees. Prognose unter VorbehaltDie Bundesregierung rechnet für das Gesamtjahr mit einem Minus von 6,3 % und erwartet somit die schwerste Rezession der Nachkriegszeit. Diese Prognose steht aber unter dem Vorbehalt, dass in der zweiten Jahreshälfte eine rasche Erholung ohne Rückfall mit einer zweiten Infektionswelle gelingt. Die Forderungen nach einem staatlichen Konjunkturprogramm werden deshalb lauter. “Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Nachfrage aus dem Ausland nicht so schnell zurückkommt. Umso wichtiger ist es, die Nachfrage im Inland zu stärken”, mahnte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Claus Michelsen.