Das etwas andere "Whatever it takes"

Von Julia Wacket, Frankfurt Börsen-Zeitung, 27.7.2019 Zu Marios Draghis Vermächtnis gehören die großen Auftritte. So ist es kein Zufall, dass er vergangenen Donnerstag fast auf den Jahrestag genau sein "Whatever it takes 2.0" ankündigte und den Weg...

Das etwas andere "Whatever it takes"

Von Julia Wacket, FrankfurtZu Marios Draghis Vermächtnis gehören die großen Auftritte. So ist es kein Zufall, dass er vergangenen Donnerstag fast auf den Jahrestag genau sein “Whatever it takes 2.0” ankündigte und den Weg für eine erneute deutliche Lockerung der Euro-Geldpolitik ebnete. Genau sieben Jahre ist es her, dass Mario Draghi mit seinem Versprechen den Euro gerettet hat. Er werde tun, “was immer nötig ist”, sagte er damals.Dieses Versprechen wiederholte er am Donnerstag, allerdings diesmal nicht, um Anleiherenditen und den Euro zu retten, sondern den Glauben an eine Inflation “unter, aber nahe 2 %” zu festigen, den Glauben an das Mandat der Europäischen Zentralbank (EZB). Streng genommen verfehlt die EZB ihr Inflationsziel bereits seit dem Frühjahr 2013. Das ist der erste Unterschied zu “Whatever it takes 1.0”. Draghi bezog sich hier konkret auf die Inflationserwartungen und dass die EZB bereits sei zu handeln, egal ob die Inflation über oder unter dem Inflationsziel liege. Draghi hat damit nicht nur eine Änderung des Inflationsziels, sondern auch eine Wiederaufnahme der Anleihekäufe ins Spiel gebracht, weswegen Experten hier erneut von einem historischen Moment sprechen.Trotzdem dürfte Draghis aggressiver Kurs, der unter anderem vorsehen könnte, die Ankaufgrenzen von Staatsanleihen beim Quantitative Easing (QE) von 33 % auf 50 % zu erhöhen, um etwa Bundesanleihen zu kaufen, bei den anderen Ratsmitgliedern auf Widerstand stoßen. Ratsmitglieder wie der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot oder Bundesbankpräsident Jens Weidmann würden vielleicht einem Staffelzins oder Zinssenkungen zustimmen, aber wahrscheinlich nicht einer Ausweitung von QE oder anderen möglichen Maßnahmen der EZB (siehe Grafik). Der Widerstand gegenüber “Whatever it takes 2.0”. wird höher sein, besonders von der deutschen Seite. Worte an DeutschlandTrotzdem richtete Draghi diesmal seine “Whatever it takes”-Worte spezifisch an Länder wie Deutschland, indem er sagte, “der Ausblick wird schlechter und schlechter”, und dass Länder mit fiskalischem Spielraum der Geldpolitik stärker unter die Arme greifen müssten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz weigert sich jedoch weiterhin, die Konjunktur durch Investitionen anzukurbeln, und das, obwohl der Haushaltsüberschuss vergangenes Jahr 58 Mrd. Euro betragen hat und die Staatsverschuldung 2023 auf nur noch 51 % des BIP fallen wird.Natürlich bergen die EZB-Maßnahmen Risiken, aber man könnte es auch so sehen: Wenigstens handelt Draghi. Was man von den europäischen Politikern nicht sagen kann, die durch Handelskonflikte, Brexit-Chaos oder eine zu reservierte bzw. zu expansive Fiskalpolitik den Notenbanken weiterhin das Leben schwer machen. Auch zehn Jahre nach der Finanzkrise sind Notenbanken immer noch die einzigen Feuerwehrmänner. Die Eurozone ist weiterhin nicht krisenfest, ein Konsens gelingt der EU nicht mal beim gemeinsamen Eurozonen-Budget oder bei der Vervollständigung der Bankenunion.Was die Eurozone jetzt noch mehr bräuchte als ein “Whatver it takes” der Geldpolitik, ist ein “Whatever it takes” der Fiskalpolitik. Doch leider zögern die Regierungen, eine Politik zu betreiben, die kurzfristig Schmerzen verursacht, um einen langfristigen Gewinn zu erzielen. In dieser Hinsicht könnten sie sich eine Scheibe bei Draghi abschneiden.——Um eine erneute Krise abzuwenden, braucht die Eurozone ein “Whatever it takes” der Fiskalpolitik.——