KONJUNKTUR

Das Gift der Konflikte

Unsicherheit ist keine Basis für Investitionen. Eine Binsenweisheit, sicher, aber man muss sie sich ins Gedächtnis rufen, will man einschätzen, welche Richtung die deutsche Konjunktur in den kommenden Monaten nehmen dürfte. Dabei ist es schon...

Das Gift der Konflikte

Unsicherheit ist keine Basis für Investitionen. Eine Binsenweisheit, sicher, aber man muss sie sich ins Gedächtnis rufen, will man einschätzen, welche Richtung die deutsche Konjunktur in den kommenden Monaten nehmen dürfte.Dabei ist es schon schwierig genug, sich über die Faktenlage am Ausgangspunkt Klarheit zu verschaffen. Dass die deutsche Volkswirtschaft im zweiten Vierteljahr nicht das überschäumende Wachstum des ersten Quartals erreichen würde, war klar, war Letztere doch dem unerwartet milden Winter zu verdanken. Die übliche Frühjahrsbelebung fand drei Monate früher statt, ein nochmaliges, zusätzliches Aufblühen der Konjunktur stand nicht zu erwarten. Und doch, da sind sich die Konjunkturanalysten einig, fiel der Bremseffekt in der BIP-Statistik größer aus, als man zunächst vermuten konnte.Die Bundesbank hat diesen Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt in ihrem neuen Monatsbericht näher beleuchtet. Ihr Schluss: Allein mit den Wetterkapriolen ist die Konjunkturschwäche der Monate April bis Juni nicht zu erklären. Auch wenn die Grundtendenz der deutschen Wirtschaft nach dem Dafürhalten der Bundesbank noch immer positiv ist, sie produziert inzwischen wieder unter dem Niveau ihrer Möglichkeiten.Hier fordern die politischen Krisenherde und die dort fast täglich vermeldeten Zuspitzungen ihren Tribut – und beileibe nicht nur der Ukrainekonflikt, zumal das deutsche Russlandgeschäft schon seit längerem schwächelt. Wenn nun die EU-Sanktionen gegen Russland greifen, werden sie die deutschen Exporteure belasten, das Ausmaß wird aber angesichts der vergleichsweise kleinen Volumina zunächst gering bleiben. Schwerer wiegt da der Drittlandseffekt, der die Konjunktur wichtiger deutscher Absatzmärkte in der EU belasten kann.Aber die Bremswirkung dieses und der anderen geopolitischen Krisenherde geht über die simplen Prozentanteile einer Exportstatistik hinaus. Und sie geht auch über die Gefahren einer Sanktionsspirale für die künftigen Exporte hinaus. Niemand kann vorhersagen, wie sich die Konflikte in der Ukraine, dem Gaza-Streifen oder etwa im Irak entwickeln. Derzeit erscheint die Eskalationswahrscheinlichkeit sogar noch höher als die Möglichkeit, dass in absehbarer Zeit tragfähige Lösungen gefunden werden. So verunsichert allein schon die Unsicherheit – und potenziert noch ihre Bremswirkung auf die Unternehmensinvestitionen in Deutschland und die Gesamtkonjunktur. Unsicherheit ist Gift für Investitionen.