DER FRANKEN-SCHOCK

"Das ist ein Extra-Konjunkturprogramm"

Deutsche Wirtschaft profitiert von Franken-Aufwertung - UBS senkt Schweizer Wachstumsprognose

"Das ist ein Extra-Konjunkturprogramm"

lz Frankfurt – Die Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro dürfte der deutschen Konjunktur weiteren Aufwind bescheren. “Das ist ein Extra-Konjunkturprogramm – etwa für die deutsche Tourismuswirtschaft in der laufenden Wintersaison, aber auch für die Autobauer und andere Industriezweige”, sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Alexander Schumann der Nachrichtenagentur Reuters. “Die Schweizer mögen deutsche Autos. Die werden jetzt billiger für sie.” Die Schweiz sei zudem industriestark. Sie brauche Industrieausrüstungen, und die habe Deutschland in Hülle und Fülle. Die Schweizer Notenbank SNB hatte am Donnerstag überraschend die Kopplung der Währung an den Euro aufgehoben, wodurch der Franken um rund 20 % teurer wurde.Etwas zurückhaltender zeigt sich der Chefvolkswirt des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Ralph Wiechers. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Lieferanten aus dem Euroraum in der Schweiz werde nun besser, doch ob das dann tatsächlich ein Mehr an Lieferungen deutscher Unternehmen in die Schweiz bedeute, hänge davon ab, “wie die Schweizer Wirtschaft diesen Schock verkraftet”. So leicht ist es für die Unternehmen angesichts der engen Produktionsverflechtung auch nicht, auf Zulieferungen aus der Schweiz zu verzichten.Ratingagenturen stuften die Aktien von Schweizer Unternehmen am Freitag reihenweise herunter. Vor allem von exportorientierten Firmen erwarten die Analysten wenig gute Nachrichten. Die Großbank UBS kassierte bereits ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum der gesamten Schweiz: 2015 rechnet das Institut nur noch mit einem Plus von 0,5 % statt wie bisher mit 1,8 % und sieht zudem eine Deflation heraufziehen. Die UBS rechnet mit Einbußen von rund 5 Mrd. Euro bei Schweizer Warenexporten in die Eurozone. Investitionsfluss dreht sichAuch bei den Direktinvestitionen dürften die Schockwellen vom Devisenmarkt zu spüren sein. “Wenn der eigene Standort teurer wird, wird die Produktion im Euroraum attraktiver”, sagt der DIHK-Chefvolkswirt. Hier komme Deutschland ins Spiel, zumal es keine sprachlichen und kulturellen Barrieren gebe. Schon jetzt gehört die Schweiz zu den größten Investoren in Deutschland nach den USA und noch vor China und Großbritannien. Der Investitionsbestand liegt bei mehr als 39 Mrd. Euro. Nach Angaben der für das deutsche Standortmarketing zuständigen Gesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) wurden rund 140 neue Projekte gestartet. Umgekehrt ist bisher auch die Schweiz ein beliebtes Investitionsziel für die deutsche Wirtschaft. Die deutschen Investitionen im Alpenstaat summierten sich 2012 auf knapp 40 Mrd. Euro.Unmittelbar dürfte die neue Währungsrelation die Tourismusindustrie zu spüren bekommen. “Der Urlaub in der Schweiz wird für viele unerschwinglich”, meint DIHK-Chefvolkswirt Schumann. “Viele Winterurlauber werden auf Deutschland oder Österreich ausweichen.” Selbst Schweizer weichen nach Deutschland aus. 2013 wurden hierzulande rund 5,8 Millionen Übernachtungen gezählt. Nur die Niederländer übernachten häufiger hier. Umgekehrt stellen die Deutschen die größte ausländische Touristengruppe in der Schweiz dar. Gar manche dürften nun davon Abstand nehmen.