Deal oder kein Deal?

In den Nafta-Verhandlungen zwischen den USA und Kanada scheint eine Einigung immer unwahrscheinlicher

Deal oder kein Deal?

Die Verhandlungen zwischen den USA und Kanada über eine Neufassung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta sind erneut ohne eine Einigung geendet. Gleichzeitig rückt die von den USA gesetzte finale Frist vom 30. September immer näher. Ist eine Einigung bis dahin überhaupt noch möglich?Von Julia Wacket, FrankfurtAls Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland am vergangenen Donnerstag danach gefragt wurde, ob die beiden Länder Fortschritte bei den Verhandlungen erzielt hätten, konnte sie nur ein mageres “Wir haben heute einige schwierige Themen besprochen” herausrücken. Sie strebe ein Abkommen an, das gut für Kanada sei, ergänzte sie noch. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lightizer verzichtete gänzlich auf einen Kommentar. Wenn Beobachter von einer “angespannten Stimmung” bei den USA-Kanada-Gesprächen reden, ist das also keine Untertreibung. Die Fortschritte haben in den letzten Wochen zwar zugenommen, doch nach einer raschen Einigung wie mit dem dritten Nafta-Partner Mexiko Ende August sieht es nicht aus. Denn obwohl die beiden Seiten sich näher sind als je zuvor, gibt es weiterhin einige Knackpunkte, die das Erreichen eines Deals verhindern.Einer der wichtigsten Punkte ist die Streitbeilegung unter dem Nafta-Kapitel 19, das sich mit Ausgleichs- und Antidumpingzöllen beschäftigt. Washington will das Kapitel komplett streichen, während Kanada daran festhalten will. Mexiko hatte sich in seinem Deal mit den USA bereiterklärt, die Streitbeilegung abzuschwächen. Kanada scheint hier hartnäckiger und kompromissloser – insbesondere aus Angst davor, die USA könnten das Land aus Gründen der nationalen Sicherheit erneut mit Zöllen überziehen. Die USA hatten im Mai Stahl- und Aluminiumzölle gegen Kanada verhängt, obwohl das Land ein enger Partner der USA und die wichtigste Importquelle beider Metalle für das Land ist. Zudem hat sich das Leistungsbilanzdefizit Kanadas noch schlechter entwickelt als das der USA (siehe Grafik). Daher will Kanada auf keinen Fall seine außenwirtschaftliche Position schwächen, da sie doch eigentlich gestärkt werden müsste. Es hakt an den AutozöllenLaut Insidern, die mit den Verhandlungen bekannt sind, hakt es aktuell insbesondere an dem Thema Autozölle. So fordern die US-Unterhändler angeblich eine Obergrenze bei den kanadischen Autoimporten in die USA von 1,7 Millionen, was vonseiten der kanadischen Wirtschaft als inakzeptabel bezeichnet worden ist. Bei Nichteinhaltung einer möglichen Quote könnten US-Präsident Donald Trump das Land aus Gründen der nationalen Sicherheit mit Autozöllen überziehen. Diese Option hatte sich Trump bereits in seinem Deal mit Mexiko offengehalten. Die kanadische Regierung besteht jedoch darauf, dass auf die Drohung von möglichen Autozöllen verzichtet wird.Als nächste und letzte Frist gilt der 30. September. Nur bei einer Einigung bis zu diesem Zeitpunkt kann ein neues Nafta-Abkommen in Kraft treten, bevor der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto im Dezember sein Amt niederlegt. Falls dies nicht geschieht, hat Trump schon damit gedroht, dass er notfalls unter Ausschluss Kanadas allein mit Mexiko weiterverhandeln wird. Doch dann könnte ihm der Kongress – der sehr für ein trilaterales Abkommen ist – in die Quere kommen. Die gute Nachricht lautet daher, solange beide Seiten weiterverhandeln, könnte eine Kompromisslösung immer noch möglich sein. Kanada hat bereits signalisiert, dass sie den USA, die ein Überangebot an ihrem Milchmarkt haben, als Zugeständnis, einen begrenzten Zugang zu ihrem Markt erlauben würden. Die heimischen Farmer haben dagegen zwar heftig protestiert. Doch es ist insbesondere Kanadas hohe Abhängigkeit vom amerikanischen Exportmarkt (2017 gingen 76 % der kanadischen Exporte in die USA), die es wahrscheinlich macht, dass Kanada den US-Forderungen in letzter Minute wohl doch noch zähneknirschend zustimmen wird.—– Wertberichtigt Seite 8