Debatte über Gefahren der QE-Käufe

Ex-Notenbanker Papadia befürchtet Konflikte zwischen EZB und Euro-Staaten

Debatte über Gefahren der QE-Käufe

ms Frankfurt – Der frühere hochrangige Euro-Notenbanker Francesco Papadia hat sich besorgt über die Folgen der breiten Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) für das Verhältnis zwischen Geld- und Fiskalpolitik geäußert und vor möglichen Konflikten zwischen der Notenbank und den Euro-Staaten gewarnt. Papadia, zwischen 1998 und 2012 EZB-Generaldirektor für Marktoperationen und ein zentraler Akteur in der Weltfinanz- und Euro-Krise, tat seine Meinung im Zuge einer Vortragsreihe des Forschungszentrums SAFE im House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt kund.Papadia, jetzt Senior Fellow bei der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, verteidigte die Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) zwar und sagte, dass diese eindeutig geldpolitisch motiviert gewesen seien. Wenn die EZB aber zum größten Gläubiger der Euro-Staaten werde, könne man nicht mehr einfach sagen, dass die Geldpolitik komplett von der Fiskalpolitik getrennt sei. “Das ist de facto eine ungesunde Situation”, sagte Papadia. Insbesondere dann, wenn die EZB in Zukunft dazu übergehen sollte, ihre aufgeblähte Bilanz aktiv zu reduzieren und auch Staatspapiere zu verkaufen, könne es Konflikte mit den Staaten geben, deren Refinanzierungskosten an den Finanzmärkten steigen könnten. Risiko fiskalische DominanzIm Kampf gegen die Mini-Inflation kauft das Eurosystem aus EZB und nationalen Zentralbanken seit Frühjahr 2015 in großem Stil Staatsanleihen. Bislang hat sie staatliche Titel für knapp 2 Bill. Euro auf ihre Bücher genommen. Kritiker befürchten eine “fiskalische Dominanz”, also eine Situation, in der die Geldpolitik de facto gezwungen ist, die Solvenz der Staaten zu sichern, und die Geldwertstabilität nicht mehr gewährleisten kann.Allen voran Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnt regelmäßig vor einer Verwischung der Grenzen – ein Grund, warum er QE abgelehnt hat. Viele andere Notenbanker spielen die Sorge dagegen eher herunter. In der Debatte geht es auch um die grundsätzliche Frage, ob solche Käufe nur in absoluten Krisensituationen zum Einsatz kommen oder ein eher normales Instrument sein sollen.Besorgt zeigte sich Papadia auch über mögliche Interessenkonflikte zwischen den Zielen der Preisstabilität und der Finanzstabilität. Die EZB stecke womöglich bereits aktuell in einem solchen Konflikt: Während es aus Sicht der Finanzstabilität womöglich angezeigt sei, die Leitzinsen zu erhöhen, spreche das Mandat der Preisstabilität bei einer unter Ziel liegenden Inflation dagegen, so der Italiener. In jedem Fall ist Papadia überzeugt, dass die makroprudenziellen Instrumente nicht unbedingt ausreichen, um Finanzstabilitätsrisiken wirksam einzudämmen. Die EZB-Granden setzten genau darauf.In der Debatte über die Zukunft der Geldpolitik sprach sich Papadia gegen radikale Veränderungen aus. Bei Modifikationen sei Vorsicht angebracht. Insbesondere hält er nichts davon, sich von der Inflationssteuerung (Inflation Targeting) abzukehren oder das verbreitete Inflationsziel von 2 % anzuheben: “Das würde mit hohen Kosten verbunden sein.” In den USA argumentieren auch Notenbanker für neue Strategien und Ziele.