VON DER IWF-FRÜHJAHRSTAGUNG

Debatte über Zukunft des IWF

Finanzmittel sollen bei 1 Bill. Dollar festgezurrt werden - Bundesbank-Vize Buch: Zentraler Stabilitätsanker

Debatte über Zukunft des IWF

Von Mark Schrörs, WashingtonIn der Weltfinanzkrise und der Euro-Schuldenkrise hat der Internationale Währungsfonds (IWF) ein beeindruckendes Comeback hingelegt: Noch 2007 fast auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit, haben die Krisen gezeigt, was die Staatengemeinschaft am IWF hat. Die G20-Staaten machten ihn zu einer Art globaler Krisenfeuerwehr, und die IWF-Mittel wurden erheblich aufgestockt. Jetzt sollen die Ressourcen sogar längerfristig auf dem aktuell hohen Niveau festgezurrt werden – und selbst die USA unter Präsident Donald Trump, einem bekennenden Anti-Multilateralisten, scheinen inzwischen den Wert des IWF erkannt zu haben. “Gutes Momentum”Bei der IWF-Frühjahrstagung war die Ressourcenausstattung des Fonds jetzt eines der zentralen Themen. Derzeit verfügt der Fonds über eine Feuerkraft von rund 1 Bill. Dollar. Die netto 995 Mrd. Dollar setzen sich zusammen aus Eigenmitteln (Quoten) in Höhe von rund 445 Mrd. Dollar, Neuen Kreditvereinbarungen (NKV) von 200 Mrd. Dollar und bilateralen Kreditlinien von 350 Mrd. Dollar. Die bilateralen Kreditlinien laufen aber ab 2019 sukzessive aus, die NKVs 2020.Unter den IWF-Anteilseignern gibt es jetzt jedoch den allgemeinen Eindruck, dass man nicht hinter das aktuelle Niveau zurückfallen, die Mittel also längerfristig bei rund 1 Bill. Dollar festschreiben sollte (vgl. BZ vom 9. April). In Washington fiel jetzt zwar noch keine Entscheidung. Der Chairman des IWF-Lenkungsausschusses IMFC, Lesetja Kganyago, sprach aber von einem “guten Momentum”. Bei der IWF-Jahrestagung im Oktober soll der Prozess abgeschlossen werden.Für den Fonds ist das ein großer Erfolg. In den vergangenen Jahren war immer wieder diskutiert worden, die Ressourcen angesichts der verbesserten weltwirtschaftlichen Lage zu reduzieren. Auch Deutschland und die Bundesbank hatten damit geliebäugelt. Dagegen hatte sich der Fonds vehement gewehrt.”Die Bundesbank steht zu einem finanziell angemessen ausgestatteten und quotenbasierten IWF. Der IWF ist der zentrale Stabilitätsanker für das internationale Finanz- und Währungssystem”, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch der Börsen-Zeitung nach der Tagung in Washington. Die Anteilseigner eint der Gedanke, dass eine Reduzierung der IWF-Ressourcen ein falsches Signal senden könnte, auch an die Märkte. Zuletzt hat sich die weltwirtschaftliche Lage eingetrübt.Die Idee ist nun, die NKVs zu verlängern und aufzustocken, wenn die bilateralen Kreditlinien auslaufen. Die Bundesbank hätte eine moderate Quotenerhöhung favorisiert. Das hätte auch die Möglichkeit gegeben, die Stimmrechte der Schwellenländer im Fonds zu erhöhen. Die USA haben das aber blockiert. Dagegen scheinen die USA bereit, einer NKV-Verlängerung und auch einer Aufstockung der US-Mittel zuzustimmen. “Für die Glaubwürdigkeit des IWF ist es wichtig, dass seine Finanzierung von allen wesentlichen Anteilseignern getragen wird”, so Buch.Während die absehbare Entscheidung zur Ressourcenausstattung im IWF auf große Zufriedenheit stößt, schürt die verhinderte Quotenreform Sorgen. Denn damit droht erneut, dass aufstrebende Länder wie China, Indien oder Brasilien, die mehr Mitsprache einfordern, die Legitimität des Fonds in Zweifel ziehen und sich abwenden. “Bislang sehen wir das nicht, aber das ist eine Gefahr”, heißt es in IWF-Kreisen. IWF-Chefin Christine Lagarde versucht insbesondere China anderweitig bei der Stange zu halten. So gibt es seit 2016 mit Tao Zhang einen Chinesen als einen stellvertretenden Managing Director, ebenfalls 2016 ist der Renminbi in den Währungskorb des Fonds aufgenommen worden, und Lagarde schenkt China viel Aufmerksamkeit. Gutes Verhältnis zu den USAEine Sorge, die sich bislang nicht erfüllt hat, ist die, dass die USA unter Trump den IWF ähnlich attackieren könnten wie die Weltbank oder die Welthandelsorganisation WTO. Mit ihrer Vetomacht könnten die USA als größter Anteilseigner den IWF in vielfacher Hinsicht blockieren. Bislang ist davon aber wenig zu spüren, heißt es. “Das Verhältnis mit den USA ist gut”, sagt ein IWF-Insider. Lagarde habe vor allem zu US-Finanzminister Steven Mnuchin einen guten Draht aufgebaut. Mnuchin mahnt zwar immer mal wieder an, der IWF müsse effektiver werden. Aber nicht zuletzt das große Hilfsprogramm für Argentinien, das im Interesse der USA gewesen sei, habe auch US-Politikern bewiesen, welche Vorteile der IWF bietet, ist zu hören. Zugleich stützt der Fonds etwa US-Ideen für eine Reform der Handelsordnung.Unterdessen tobt auch eine Debatte über die Rolle des Fonds. Klimaschutz, Korruption, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Fintechs – der Fonds äußert sich zu immer mehr Themen, die nicht direkt mit seiner Kernaufgabe, der Förderung der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit sowie der Stabilität des globalen Währungssystems, zu tun haben. Eine Reihe Mitgliedsländer warnen davor, das Mandat des IWF zu überreizen und die Kernaufgaben zu vernachlässigen. “Von entscheidender Bedeutung ist seine Rolle in der Krisenprävention. Insbesondere berät er dafür seine Mitglieder wirtschaftspolitisch”, so Bundesbank-Vize Buch.In IWF-Kreisen wird beschwichtigt: Die für solche Themen bereitgestellten Ressourcen seien vergleichsweise gering, die Kernaufgaben litten nicht. Zudem wird betont, dass es Lagarde so geschafft habe, dem IWF ein breiteres Profil zu verschaffen – auch in der Öffentlichkeit.