DIE BAUSTELLEN DER EZB

Deka erwartet lange lockeren Kurs

Volkswirt prognostiziert erst 2024 EZB-Zinserhöhungen - Nachfrage nach Unternehmenskrediten sinkt

Deka erwartet lange lockeren Kurs

Morgen kommt der EZB-Rat zur ersten Zinssitzung 2020 zusammen. Geldpolitisch dürfte es keine neuen Signale geben – aber die Markterwartungen haben sich zuletzt deutlich gedreht. Der Rat dürfte zugleich den Startschuss für die Strategieüberprüfung geben. Neue Daten zur Kreditvergabe dämpfen Zuversicht.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung der DekaBank noch auf Jahre hinaus am aktuellen Kurs mit Negativzinsen und breiten Anleihekäufen festhalten. “Wahrscheinlich wird die EZB noch für einige Zeit so weitermachen, 2023 die Wertpapierkäufe einstellen und erst 2024 mit Leitzinserhöhungen beginnen”, sagte Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann anlässlich der Veröffentlichung des neuen Zinskompasses, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung erscheint. Der EZB-Rat tagt am morgigen Donnerstag.Tödtmann erwartet zwar keine weitere Lockerung der EZB-Politik mehr – das sei “sehr unwahrscheinlich”. Ebenso wenig prognostiziert er aber eine rasche Kehrtwende und verweist zur Begründung auch auf den Wert des Deka-Kompasses, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst. “Es fehlt noch sehr viel zu einer Straffung. Dazu müssten die Kompasswerte nachhaltig in den positiven Bereich steigen”, sagt Tödtmann. Im Dezember lag der Wert bei – 14,5 Punkten.Die DekaBank stellt sich damit gegen zunehmende Spekulationen an den Märkten auf eine raschere geldpolitische Straffung. Die Markterwartungen haben sich dabei in den vergangenen Wochen erheblich verschoben. Zuvor erwartete weitere Zinssenkungen wurden ausgepreist und Marktteilnehmer stellen sich teils schon auf Zinserhöhungen im Jahr 2021 oder 2022 ein. Hintergrund ist auch eine leichte Aufhellung des konjunkturellen Ausblicks.Tödtmann teilt diese Einschätzungen aber nicht. “Ich halte das für verfrüht”, sagte er. Der Kompasswert legte zwar erneut ein wenig zu – aber: “Mit -14,5 Punkten im Dezember bringt er immer noch die Notwendigkeit einer stark expansiven Geldpolitik zum Ausdruck”, so Tödtmann im Kommentar zum neuen Kompass. Zugleich signalisiere der Wert aber auch keinen akuten Bedarf für eine Lockerung mehr.Im September – kurz vor dem Wachwechsel an der EZB-Spitze von Mario Draghi zu Christine Lagarde, – hatte die EZB ihre ohnehin schon sehr expansive Geldpolitik noch einmal deutlich gelockert. So senkte sie ihren Einlagensatz tiefer in den negativen Bereich auf -0,5 % und untermauerte mittels ihrer Forward Guidance die Perspektive auf langanhaltend niedrige und negative Zinsen. Zudem beschloss sie neue Nettoanleihekäufe (Quantitative Easing, QE) von monatlich 20 Mrd. Euro, die zeitlich erst einmal unbegrenzt sind.Nach Ansicht von Tödtmann wird Lagarde diese Politik am Donnerstag erneut bestätigen. “Vor allem die Forward Guidance sollte völlig unverändert bleiben”, so der Ökonom. Lagardes Aussagen zum wirtschaftlichen Umfeld könnten sich aber ein wenig freundlicher anhören – in Einklang mit den gestiegenen Kompasswerten. “An den Märkten könnte dies überinterpretiert werden”, sagte er. Risikoeinschätzung im FokusEinige Experten spekulieren, dass der EZB-Rat seine Einschätzung zum Wachstumsausblick revidieren könnte. Statt Abwärtsrisiken zu attestieren, könne die Balance als ausgeglichen bezeichnet werden. Tatsächlich hatten sich zuletzt einige Euro-Hüter positiv zur Stabilisierung der Euro-Wirtschaft geäußert. Ob sich das aber bereits jetzt im Eingangsstatement niederschlägt, scheint fraglich.Gestern dämpften neuen Daten zur Kreditvergabe ein wenig die Zuversicht. Laut dem neuen Bank Lending Survey der EZB fragten Unternehmen im vierten Quartal 2019 erstmals seit sechs Jahren weniger Darlehen nach. Auch für das erste Quartal 2020 werde der Trend anhalten, so die EZB. Ihre Vergabestandards für Unternehmenskredite ließen die Banken dagegen laut Umfrage im Schlussquartal weitgehend unverändert. Dies wird auch für Januar bis März 2020 erwartet.Von der für Donnerstag erwarteten Ankündigung der EZB-Strategieüberprüfung (siehe Text unten auf dieser Seite) verspricht sich Tödtmann “noch keine deutlichen Signale, welche Änderungen an ihren geldpolitischen Konzeptionen die EZB ins Auge fasst”. Ein großes Risiko der Debatte sei, dass ein Eindruck der Zerstrittenheit entstehen könne.