Deka erwartet neue EZB-Lockerung
Die Frage, wie die EZB auf das Brexit-Votum und die Krise der Banken vor allem in Italien reagiert, hält Investoren und Volkswirte in Atem. Die DekaBank rechnet fest mit neuen EZB-Hilfen – aber erst im September.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung der DekaBank im September ihr umstrittenes Anleihenkaufprogramm zeitlich verlängern – und diesen Schritt bei der Zinssitzung an diesem Donnerstag vorbereiten. Im neuen Zinskompass, der jeweils vor der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird, prognostiziert Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann, dass die Euro-Hüter am Donnerstag technische Anpassungen an den Regeln für das Quantitative Easing (QE) vornehmen werden. “Dies wäre aus unserer Sicht ein Vorbote für eine bevorstehende Verlängerung des Wertpapierankaufprogramms”, so Tödtmann.Konkret erwartet Tödtmann, dass das Eurosystem aus EZB und nationalen Zentralbanken im September beschließt, die Käufe über das bisherige Enddatum März 2017 hinaus “zumindest noch für einige Monate” fortzusetzen. Im Dezember 2015 hatten die Euro-Hüter das Programm bereits um sechs Monate von ursprünglich September 2016 auf März 2017 verlängert. Aktuell beläuft sich das QE-Volumen auf rund 1,7 Bill. Euro. Nach der Sitzung am Donnerstag findet das nächste geldpolitische Treffen erst am 21. September statt.Im Kampf gegen die aus ihrer Sicht viel zu niedrige Inflation im Euroraum hat die EZB zwar erst im Dezember und im März ihre zuvor schon beispiellos expansive Geldpolitik weiter deutlich gelockert. Unter anderem weitete sie das monatliche Kaufvolumen von 60 auf 80 Mrd. Euro aus und senkte den Einlagenzins weiter unter null, auf – 0,4 %. Nach dem Brexit-Votum haben aber Spekulationen zugenommen, dass die EZB schon bald erneut nachlegt. Der Kurs ist aber heftig umstritten – vor allem in Deutschland hagelt es Kritik.Auch Tödtmann begründet seine Erwartung einer weiteren Lockerung mit dem beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der EU. Die Auswirkungen des Brexit auf die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum seien zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch mit “sehr großen Fragezeichen” verbunden. Wie viele andere Ökonomen geht aber auch er davon aus, dass mit merklich weniger Wachstum zu rechnen ist. Das spiegele sich auch im Kompass, für den die DekaBank nun einen flacheren Anstieg voraussagt als noch vor der Juni-Sitzung. Der Kompasswert fasst die für die EZB ausschlaggebenden volkswirtschaftlichen Daten zusammen. Für Juni steht zwar ein kräftiges Plus auf 26,7 Zähler zu Buche (siehe Grafik). Nach dem Brexit-Votum sei das aber zu hinterfragen.Weil die EZB inzwischen zunehmend Probleme bekommt, in einzelnen Marktsegmenten wie Bundesanleihen noch ausreichend Wertpapiere zum Kauf vorzufinden (vgl. BZ vom 8. Juli), geht Tödtmann davon aus, dass die EZB bereits an diesem Donnerstag die technische Grundlage für eine QE-Verlängerung legen wird. Er setzt zum einen darauf, dass die EZB künftig auch Anleihen mit einer Rendite unterhalb des Einlagenzinses kauft. Bislang galt dieser als Untergrenze. Zum anderen sagt er voraus, dass die EZB bis zu 50 % einer Anleihe und eines Emittenten kaufen wird. Aktuell liegt die Grenze bis auf Ausnahmen bei 33 %.Mit dem Einlagenzins als Renditeuntergrenze sollten Verluste verhindert werden. Tödtmann argumentiert aber, dass dafür die durchschnittliche Rendite des gesamten Portfolios ausschlaggebend sei, nicht die einer einzelnen Staatsanleihe. “Gerade die Bundesbank könnte durchaus bereit sein, Verluste auf einzelne Anleihen in Kauf zu nehmen, wenn sie dafür vom Zwang entbunden wäre, einen immer größeren Teil ihrer Käufe in die langen und sehr langen Laufzeitbereiche zu verlagern. Denn genau hier vermutet sie die stärksten Marktverzerrungen und andere schädliche Nebenwirkungen der quantitativen Lockerung”, so Tödtmann.Mit der Kaufobergrenze sollte vermieden werden, dass die EZB im Fall einer Restrukturierung der Staatsschulden eine Sperrminorität erhält. “Dieses Risiko ist für die sichersten Staatsanleihen, insbesondere deutsche Bundesanleihen, aber sehr überschaubar”, sagt Tödtmann.Die von ihm erwarteten Änderungen sähe Tödtmann zugleich als vorläufige Absage an radikalere Maßnahmen wie eine Loslösung der Staatsanleihenkäufe vom EZB-Kapitalschlüssel oder eine neuerliche Senkung des Einlagensatzes (vgl. auch BZ vom 8. März). Ersteres gilt vielen Beobachtern als politisch zu heikel und Letzteres als kontraproduktiv mit Blick auf die Banken.