EZB-SITZUNG IM FOKUS

Deka erwartet weitere Lockerung

Volkswirte sehen EZB wegen Konjunktur- und Inflationsausblick unter Zugzwang - Dezember im Fokus

Deka erwartet weitere Lockerung

Am morgigen Donnerstag tagt der EZB-Rat, und die Sitzung wird mit großer Spannung erwartet. Zwar erwartet kaum ein Experte große Beschlüsse – aber es geht um Signale für eine mögliche Lockerung im Dezember. Hintergrund ist nicht zuletzt die sich wieder zuspitzende Coronakrise in großen Teilen Europas.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) kommt nach Einschätzung der DekaBank um eine weitere Lockerung ihrer ohnehin bereits ultraexpansiven Geldpolitik nicht herum. Die Konjunktur- und Inflationslage mache “eine erneute Anpassung des Kurses wahrscheinlich unumgänglich”, schreibt Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann im Kommentar zum neuen Zinskompass, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung erscheint. Der EZB-Rat tagt morgen. Die erneute Lockerung werde aber wohl eher bei der Dezember-Sitzung entschieden, so Tödtmann.Nach Ansicht Tödtmanns sprechen vor allem die stark negativen Werte der Konjunktur- und Inflationssäule des Zinskompasses für eine weitere Lockerung (siehe Grafik). Insgesamt blieb der Kompass mit – 54,8 Punkten im September nahezu unverändert. Verschiedene EZB-Ratsmitglieder hätten signalisiert, dass sie eine Entscheidung über eine weitere Lockerung auf Dezember verschieben wollten, weil dann der wirtschaftliche Ausblick hoffentlich klarer sei, so der Ökonom. Eine solche Vertagung sei nicht zuletzt mit Blick auf die positive Finanzierungssäule auch vertretbar.Im Kampf gegen die Coronakrise und die Jahrhundertrezession hat die EZB zu beispiellosen Maßnahmen gegriffen und insbesondere im März das Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) aufgelegt, das aktuell ein Volumen von 1,35 Bill. Euro bis Mitte 2021 hat. Zuletzt hat aber der Druck, mehr zu tun, erneut zugenommen. Die wirtschaftliche Erholung hat sich schon wieder abgeschwächt, vielerorts dramatisch steigende Infektionszahlen schüren Ängste vor einem zweiten Lockdown sowie einer neuerlichen Rezession und die Inflation ist unter null gesackt.Volkswirte und Marktteilnehmer gehen inzwischen fast unisono von einer weiteren Aufstockung und Verlängerung von PEPP aus. Die Experten erwarten einen Nachschlag von rund 500 Mrd. Euro und eine Verlängerung bis Ende 2021. Viele haben dabei die Dezember-Sitzung auf dem Zettel. Zuletzt hatten sich insbesondere EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane besorgt geäußert und die Bereitschaft der EZB untermauert, geldpolitisch nachzulegen. Dagegen hatte insbesondere Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Interview der Börsen-Zeitung eher gebremst und vor überzogenen Erwartungen gewarnt (vgl. BZ vom 8. Oktober).Deka-Volkswirt Tödtmann erwartet denn auch eine “schwierige Konsensbildung” im EZB-Rat – und er sieht EZB-Chefin Lagarde bei der morgigen Pressekonferenz vor einer schwierigen Aufgabe: “Einerseits muss sie erklären, warum die EZB trotz steigender konjunktureller Abwärtsrisiken und äußerst niedriger Inflationsraten ihren Kurs nicht weiter lockert. Andererseits darf sie keine Zweifel darüber aufkommen lassen, dass der EZB-Rat einmütig genug ist, um rechtzeitig und in einem ausreichenden Umfang zu handeln”, so der Volkswirt.Viele Euro-Notenbanker haben klargemacht, dass für sie aktuell das PEPP-Programm das bevorzugte Mittel ist. Eine weitere Absenkung des Einlagenzinses von – 0,5 % sehen sie eher kritisch. Tödtmann hält es aber auch für möglich, dass die EZB die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte TLTRO III noch attraktiver macht. “Beispielsweise könnte sie die Zeitspanne verlängern, in der für Banken mit ausreichender Kreditvergabe ein extrem niedriger Zins von bis zu – 1,0 % gilt. Oder sie könnte gleich eine neue Serie solcher Langfristtender ankündigen”, sagt er. “Dies würde dem auf der September-Sitzung geäußerten Wunsch entgegenkommen, dass ein möglichst großer Teil der zusätzlichen Liquidität in die Realwirtschaft und nicht in die Vermögenspreise fließen soll.”