Deka setzt auf ruhige Hand der EZB

Volkswirte erwarten keine schnelle Reaktion auf gesunkene Inflation - Sanktionen verunsichern

Deka setzt auf ruhige Hand der EZB

Ein letztes Mal vor der Sommerpause tagen die Euro-Hüter am Donnerstag. Sie stehen unter Druck, weil die Inflation äußerst niedrig ist. Die DekaBank setzt aber auf ein Stillhalten der EZB.ms Frankfurt – “Entschlossenes Abwarten” – auf diese griffige Formel bringt Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann seine Erwartung für die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) an diesem Donnerstag, aber auch für den EZB-Kurs der nächsten Monate: Der EZB-Rat werde nicht am geldpolitischen Status quo rütteln, sondern abwarten, wie sich die Anfang Juni beschlossene Lockerung niederschlägt, schreibt Tödtmann im Kommentar zum neuen Zinskompass, der jeden Monat vor der EZB-Sitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird – zugleich aber werde der Rat an seiner Bereitschaft festhalten, falls nötig nachzulegen.Dagegen, dass die Euro-Währungshüter noch einmal handeln, spricht laut Tödtmann auch der erwartete Anstieg des Kompasswerts (siehe Grafik). Im Juli legte er um 0,7 Punkte auf 28,3 Zähler zu – der höchste Stand seit Oktober 2012. Der Wert fasst die für die EZB ausschlaggebenden volkswirtschaftlichen Daten zusammen. Weil der Anstieg aber weiterhin langsamer sei als in früheren Erholungsphasen, schlussfolgert Tödtmann: “Die Diskussion über eine potenzielle weitere Lockerung der Geldpolitik dürfte nur ganz allmählich verstummen.”Im Kampf gegen Mini-Inflation, schwaches Wachstum und schleppende Kreditvergabe hatte der EZB-Rat Anfang Juni ein ganzes Maßnahmenbündel beschlossen, zu dem unter anderem ein erstmalig negativer Einlagezins und ein bis zu 1 000 Mrd. Euro schweres Programm zur Ankurbelung der Kreditvergabe gehören. Die EZB steht aber unter Druck, mehr zu tun. Sie hat zuletzt indes signalisiert, dass sie nun sehen will, wie sich das Paket auswirkt. Zudem sind viele weitere Maßnahmen und insbesondere der vielfach geforderte Kauf von Anleihen in großem Stil im EZB-Rat heftig umstritten.Erneut angeheizt hatte die Debatte über weitere Hilfen der EZB der überraschende Rückgang der Inflation im Juli. Die Teuerungsrate fiel von 0,5 % auf 0,4 %. Die EZB strebt knapp unter 2 % an. Frankreichs Präsident François Hollande warnte gestern, es gebe ein “reales Deflationsrisiko” in Europa, und appellierte erneut an die EZB. Die EZB befürchtet keinen breiten Preisverfall, will aber ein Abrutschen der Inflationserwartungen auf alle Fälle vermeiden.Laut Tödtmann werde der EZB-Rat den Juli-Wert nicht als Indiz nehmen, dass sich der mittelfristige Ausblick für die Preisentwicklung verschlechtert hat. Der Rückgang sei auf “transitorische Einflüsse” zurückzuführen, wie gesunkene Energie- und Nahrungspreise. Positiv sei auch, dass der Abwärtstrend bei Erzeuger- und Importpreisen nachgelassen hat (siehe Bericht auf dieser Seite). Das bedeute “eine gewisse Entwarnung in Bezug auf Deflationsgefahren”. Auch die Inflationserwartungen hätten sich “zuletzt stabil” gezeigt.Allerdings sieht es Tödtmann als Problem an, dass die Inflation zuletzt entgegen den EZB-Vorhersagen immer weiter gesunken ist. Das sorgt auch im Eurotower für Unruhe (vgl. BZ vom 1. August). “Solange diese Unsicherheit weiter besteht, können sie auch drastische Maßnahmen wie eine quantitative Lockerung nicht kategorisch ausschließen”, so Tödtmann mit Blick auf mögliche Wertpapierkäufe durch die Euro-Hüter. Zweifel an KreditprogrammDer stärkste Auftrieb beim Zinskompass kam im Juli von den konjunkturellen Stimmungsindikatoren. Trotz geopolitischer Risiken hatten sich diese noch einmal verbessert. Allerdings hatten die Umfragen stattgefunden, bevor die EU Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängte. Problematisch ist zudem, dass harte Konjunkturdaten wie die Industrieproduktion die gute Stimmungslage bislang nicht bestätigen konnten.Alle Augen sind nun auf das neue Kreditprogramm und das erste gezielte langfristige Refinanzierungsgeschäft (TLTRO) Mitte September gerichtet. “Je überzeugter die EZB vom Erfolg dieses Programms ist, desto geringer ist aus unserer Sicht die Wahrscheinlichkeit, dass sie in den nächsten Monaten auf eine quantitative Lockerung zurückgreifen wird”, so Tödtmann. Wie viele andere Volkswirte zweifelt er aber daran, dass die Größenordnung von 1 000 Mrd. Euro zusammenkommt. Damit die Banken einen entsprechenden Anspruch hätten, müsste die aktuell leicht schrumpfende Kreditvergabe in weniger als zwei Jahren ein wieder relativ kräftiges Wachstum verzeichnen.