Deka sieht Euro noch nicht als EZB-Problem
Am Donnerstag beraten die Euro-Hüter zum ersten Mal nach der Sommerpause über ihren geldpolitischen Kurs. Experten sehen sie unter Druck, weil die Wirtschaft schon wieder an Schwung verliert, weil die Inflation weit unter Ziel liegt und weil der Euro aufwertet. Die DekaBank sieht Letzteres aber noch gelassen.ms Frankfurt – Die DekaBank sieht die jüngste Euro-Aufwertung noch nicht als großes Problem für die Europäische Zentralbank (EZB) und erwartet deshalb vorerst kein großes Gegensteuern der Euro-Hüter – sondern allenfalls vorsichtige verbale Interventionen. Das geht aus dem neuen Zinskompass hervor, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird. Für die Sitzung an diesem Donnerstag erwartet die DekaBank eine unveränderte Geldpolitik, während sie für Dezember eine Aufstockung und Verlängerung des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP prognostiziert. Verbale InterventionAus Sicht der DekaBank ist das Ausmaß der Euro-Aufwertung “auf Basis des effektiven Wechselkurses bislang zu gering, um die Inflation im Euroraum maßgeblich zu beeinflussen”, wie Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann im Kommentar zum Zinskompass schreibt. Die effektive Aufwertung seit Juli um etwa 2 % schlage sich normalerweise mit knapp 0,2 Prozentpunkten in der Inflation nieder – verteilt über mehrere Jahre. Die EZB werde es deshalb allenfalls “bei verbalen Interventionen auf dem derzeitigen Niveau” belassen.Vor der EZB-Sitzung rücken die Euro-Stärke und eine mögliche Reaktion der EZB zunehmend in den Fokus der Debatte. Hintergrund sind Aussagen von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. Der Wechselkurs sei durchaus von Bedeutung und relevant für die Geldpolitik der EZB, hatte Lane vergangene Woche gesagt, als der Euro erstmals seit mehr als zwei Jahren über die Marke von 1,20 Dollar geklettert war. Die Aussagen wurden von vielen Beobachtern als erste verbale Intervention gegen die Euro-Stärke interpretiert. Mit Spannung wird erwartet, ob und wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde nachlegt.Der Euro hat seit Beginn des coronavirusbedingten Lockdowns in gut fünf Monaten um rund 12 % zum Dollar zugelegt. Nach dem Überschreiten der 1,20-Dollar-Marke hatten Lanes Aussagen und positive US-Konjunkturdaten den Euro wieder fallen lassen. Viele Beobachter erwarten dennoch eine weitere Aufwertung. Eine Euro-Aufwertung erschwert tendenziell den europäischen Exporteuren das Geschäft und belastet damit das Wachstum. Zugleich drückt sie die Importpreise und damit die Inflation. Das Problem: Die wirtschaftliche Erholung im Euroraum verliert ohnehin schon wieder an Schwung, und die Inflationsrate ist im August unerwartet unter die Nulllinie gerutscht – zum ersten Mal seit Mai 2016.Die DekaBank sieht die Euro-Aufwertung allerdings zumindest bislang noch nicht als Problem für die Inflationsentwicklung und damit die EZB an. Tödtmann erwartet denn auch keine Verschärfung des EZB-Tons. Die EZB “verfolgt kein Wechselkursziel, beachtet den Wechselkurs aber im Hinblick auf die Inflationsentwicklung”, so der Volkswirt: “Damit macht sie klar, dass ihre Toleranz für Aufwertungen begrenzt ist, ohne in irgendeiner Form einen Währungskrieg anzuzetteln.”Vor der Wortmeldung Lanes hatte sich EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel eher entspannt gezeigt und gesagt, dass ihr die jüngsten Wechselkursentwicklungen “keine allzu großen Sorgen” machten.Was den geldpolitischen Kurs betrifft, erwartet Tödtmann für Donnerstag keine Änderungen. Dafür spreche auch, dass die Euro-Notenbanker zuletzt wiederholt betont hätten, dass sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen wie erwartet entwickle. Der Wert des Deka-Kompasses, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst, verzeichnete im August einen Rückgang und fiel auf – 53,0 Punkte, nachdem er sich in den vergangenen Monaten kräftig erholt hatte (siehe Grafik). Ausschlaggebend für den Rückgang war vor allem die Inflationssäule.Der verhaltene Inflationsausblick ist auch der Grund, warum die DekaBank eine weitere Lockerung der ohnehin bereits sehr expansiven Geldpolitik erwartet. “Mit der Zeit dürfte die niedrige Inflation die Notenbanker erneut unter Druck setzen”, so Tödtmann. Die DekaBank rechnet für die Dezember-Sitzung mit einer Aufstockung und Verlängerung des Kaufprogramms PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) um einige hundert Milliarden Euro bis Ende 2021. Derzeit beläuft sich PEPP auf 1,35 Bill. Euro bis Mitte 2021. Die Erwartung der DekaBank liegt damit im Bereich der Konsenserwartung von Beobachtern.