Große Spannung vor EZB-Sitzung

DekaBank setzt auf Zinspause der EZB

Die EZB kommt am Donnerstag zu einer wegweisenden Sitzung zusammen, und der Ausgang ist offen wie seit Jahren nicht. Die DekaBank geht nun auch von unveränderten Zinsen aus. Sie erwartet aber eine „kontroverse Diskussion“.

DekaBank setzt auf Zinspause der EZB

DekaBank setzt auf Zinspause der EZB

Abwärtstrend bei Zinskompass spricht gegen weitere Erhöhung – Knappe Entscheidung erwartet – Neue Projektionen im Fokus

Die EZB kommt am Donnerstag zu einer wegweisenden Sitzung zusammen, und der Ausgang ist kurz vor dem Treffen offen wie seit Jahren nicht. Denkbar ist eine weitere Zinserhöhung oder eine Zinspause. Die DekaBank geht nun von unveränderten Zinsen aus. Aber auch die EZB-Bilanz rückt in den Brennpunkt.

ms Frankfurt

Die DekaBank geht davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nach neun Zinserhöhungen in Folge ihre Leitzinsen am Donnerstag nicht weiter anhebt – sieht das aber als äußerst knappe Entscheidung. Das geht aus dem Kommentar zum neuen Deka-Zinskompass hervor, der stets vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird. Auch der neuerliche Rückgang des Kompasswertes, der die für die EZB relevanten Daten zusammenfasst, lege der EZB nahe, die Leitzinsen nicht weiter anzuheben, so Kristian Tödtmann, EZB-Experte der DekaBank. Aber auch das sei keinesfalls eindeutig.

Falken warnen die Märkte

Die EZB kommt am Donnerstag zu einer wegweisenden Sitzung zusammen, und der Ausgang ist kurz vor dem Treffen offen wie seit Jahren nicht. Denkbar ist eine weitere Zinserhöhung oder eine Zinspause. Auch Beobachter sind nahezu gespalten bei der Frage, ob die Leitzinsen weiter steigen oder nicht. Hintergrund ist das Dilemma, in dem sich die EZB befindet – zwischen einer weiter zu hohen Inflation auf der einen und zunehmenden Konjunktursorgen auf der anderen Seite. Seit Juli 2022 hat die EZB ihren Leitzinsen um 425 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie seit der Euro-Einführung 1999.

In den vergangenen knapp zwei Wochen hatten Marktteilnehmer ihre Zinserwartungen für September deutlich zurückgeschraubt. Hintergrund waren neben Aussagen von Verfechtern einer eher lockeren Geldpolitik im EZB-Rat („Tauben“) insbesondere die Inflationsdaten für August. Die Gesamtteuerung hatte zwar überraschend bei 5,3% stagniert. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel war dagegen weiter von 5,5% auf 5,3% zurückgegangen. Zeitweise war eine Zinserhöhung im September an den Geldmärkten nur noch mit 25% eingepreist – gegenüber rund 60% vor den Daten. Ende vergangener Woche hatten dann aber die „Falken“ die Möglichkeit einer erneuten Zinserhöhung betont und die Märkte gewarnt, diese Wahrscheinlichkeit nicht zu unterschätzen (vgl. BZ vom 7. September).

Euro-Wirtschaft schwächt sich ab

Was nun den Deka-EZB-Kompass betrifft, setzte dieser seinen Abwärtstrend fort und fiel im August auf –1,2 Punkte. Alle drei Säulen des Kompasses gingen dabei zurück, wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus (siehe Grafik). Während die Konjunktursäule eine deutliche Verlangsamung des Wachstums signalisiert, reagiert die Finanzierungssäule laut DekaBank bislang erstaunlich wenig auf die Straffung der Geldpolitik, und die Inflationssäule stellt eine nur langsame Konvergenz zum Zielwert von 2% in Aussicht. „In dieser Gemengelage wird es dem EZB-Rat nicht leicht fallen, in datenabhängiger Weise zu entscheiden“, so Tödtmann.

Grundsätzlich spreche der Kompass eher gegen eine weitere Zinserhöhung. „Eng an der Nulllinie legt er der EZB nahe, die Leitzinsen nicht weiter anzuheben“, so Tödtmann. Er nannte es jedoch „vermessen“ zu denken, dass die Situation eindeutig wäre. „Die Daten lassen erheblichen Spielraum zur Interpretation“, so Tödtmann. Letztlich gehe es um die Frage, was sie über die Entwicklung der Inflation in den kommenden Jahren verraten. Zudem müssten die Notenbanker Aspekte des Risikomanagements berücksichtigen – „und abwägen, ob es schwerwiegendere Konsequenzen hätte, die Geldpolitik zu viel oder zu wenig zu straffen“. Und der EZB-Rat werde sich auch Gedanken über die Kommunikation seines Entscheids machen müssen. „Mindestens ebenso wichtig wie die Höhe der Leitzinsen bei dieser Sitzung sind die Erwartungen, die er an den Finanzmärkten über die zukünftige Geldpolitik generiert“, so Tödtmann.

„Kontroverse Diskussion“

„Vieles deutet somit darauf hin, dass die Diskussion unter den Notenbankern vielschichtig und kontrovers werden wird“, so der EZB-Experte. „Das Leitmotiv bei den Beratungen der Notenbanker dürfte in der Absicht bestehen, das Inflationsziel von 2% spätestens im Jahr 2025 zu erreichen.“ Trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen Monaten deuteten die Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation genau das aber noch nicht an. Mit Spannung wird tatsächlich die neue Prognose der EZB-Volkswirte für die Inflation im Jahr 2025 erwartet. Im Juni hatten sie bei der Gesamtrate 2,2% und bei der Kernrate 2,3% prognostiziert. „Aufgrund der Lohnentwicklung ist der Spielraum für Abwärtsrevisionen der Inflationsvorhersagen begrenzt“, so Tödtmann.

Letztlich geht Tödtmann aber davon aus, dass der EZB-Rat am Donnerstag eine Zinspause einlegen wird. Die „Falken“ dürften demnach aber großen Wert darauf legen, das als Pause und nicht als Ende der geldpolitischen Straffung zu kennzeichnen. „Erstens wollen sie die Tür für erneute Leitzinserhöhungen bei den kommenden Ratssitzungen möglichst weit offen halten“, so Tödtmann. „Zweitens könnte ein solcher Tightening Bias die Marktteilnehmer davon abhalten, zu früh über bevorstehende Leitzinssenkungen zu spekulieren.“ Gemäß einer vergangene Woche veröffentlichten Bloomberg-Umfrage geht die Mehrzahl der Analysten davon aus, dass die EZB schon im kommenden Frühjahr mit der Lockerung der Geldpolitik beginnen wird – und damit lange vor dem Zeitpunkt, den die Notenbanker selbst als möglichen Beginn andeuten.

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