Der geborene Kritiker: Atlante-Präsident Penati
tkb – Der 64-jährige Mailänder Finanzwissenschaftler Alessandro Penati nimmt kein Blatt vor den Mund. Seit er vor knapp einem Monat zum Präsidenten des von der Regierung gewollten und großenteils von Banken finanzierten Bankenrettungsfonds Atlante ernannt wurde, haben seine Aussagen noch mehr Gewicht. Vor allem seine Kritik an Italiens einziger systemrelevanter Bank Unicredit machte Schlagzeilen: “Offensichtlich intervenierten wir bei der 1,5-Mrd.-Euro-Kapitalerhöhung von Banca Popolare di Vicenza deshalb, um eine Krise bei Unicredit zu vermeiden. Habt ihr jemals eine Bank gesehen, die ihren Chef nach Hause schickt, ohne eine gültige Alternative zu haben”, fragte er kürzlich das Publikum beim Wirtschaftsfestival in Trient. “Aus meiner Sicht müssten die Großaktionäre gekündigt werden.”Penati ist dem italienischen Publikum vor allem durch seine systemkritischen Leitartikel in Italiens auflagenstarken Medien bekannt. Wie es heißt, duldet der Nationalökonom bei seinen Leitern keinerlei Abweichungen vor ursprünglichen Text. Nicht einmal Kommata durften geändert und das Thema musste von ihm bestimmt werden.Nach einer langjährigen Laufbahn als Professor für Finanzwirtschaften an der Cattolica-Universität in Mailand und Lehraufträgen an der Wharton School University, Pennsylvania, und an der Mailänder Bocconi-Universität, gründete er 1998 Epsilon Associati. Die Gesellschaft wandte bei den Portefeuilles ihrer Kunden innovative ökonometrische Berechnungsmethoden an. Zehn Jahre später, als Penati sich von Epsilon zurückzog, verwaltete die Gesellschaft das Portefeuille von 100 institutionellen Investoren im Wert von 12 Mrd. Euro. Penati war zeitweise auch Berater beim IWF, der OECD, dem Schatzamt und der Börsenaufsicht Consob.Der Vater einer erwachsenen Tochter und passionierte Liebhaber klassischer Musik bezeichnet sich selbst als “Outsider-Liberalen”, der keiner Gruppe, Partei oder keinem System zuzuordnen sei. Nach dem Wirtschaftsstudium an der Bocconi-Universität promovierte Penati an der Universität in Chicago (PhD in Economics).Der “geborene Kritiker”, wie ihn seine Freunde nennen, ist schnelles Handeln gewohnt. Das hat er bei dem kürzlich gegründeten Bankenrettungsfonds Atlante gezeigt, als er die Garantie für die 1,5 Mrd. Euro Kapitalerhöhung der Volksbank von Vicenza übernahm und nur wenige Tage später die Richtlinien des neuen Verwaltungsrates festsetzte: Dieser soll von bislang 18 auf 11 Board-Mitglieder geschrumpft und Topmanager Gianni Mignon soll als Präsident eingesetzt werden.Ähnlich entschieden geht Penati bei Veneto Banca vor, wo er nolens volens bereit ist, die Mehrheit der Kapitalaufstockung zu übernehmen. Und bis Ende Juli hat er auch die Übernahme von bis zu 2 Mrd. Euro fauler Kredite der italienischen Banken angekündigt.