Der gordische Knoten
Schuldenbremse
Der gordische Knoten
Von Stephan Lorz
Das Rätsel des Gordischen Knotens wurde seinerzeit brachial gelöst: Alexander der Große hat ihn einfach durchschlagen – ohne große Überlegungen, wie das kunstvolle Gebilde zu entwirren sei. Und auch in der Politik scheint es oftmals nur auf diese Weise zu funktionieren. Schon seit langem blockiert sich die Ampel-Koalition gegenseitig bei der Frage, woher die Milliardensummen nehmen für die Modernisierung der Infrastruktur und die Klimatransformation, ohne das Gebot der finanzpolitischen Nachhaltigkeit im Sinne der Generationengerechtigkeit zu verletzen. Für Letzteres steht die Schuldenbremse, um das Ausufern finanzieller Zukunftslasten zu verhindern. Zugleich aber wäre es auch eine Last für die folgenden Generationen, würde der Wirtschaftsstandort Deutschland wirtschaftlich und technologisch abgehängt. Die Finanzierung der Sozialsysteme in der Zukunft, also auch die Renten der heute noch Jungen, wäre hochgradig gefährdet.
Um deutlich mehr Investitionen für die marode Infrastruktur, für mehr Innovationen, für den notwendigen teuren Umbau der Energiewirtschaft und für den über Jahrzehnte vernachlässigten Bildungssektor kommt man also nicht herum. Das Problem: Alles muss gleichzeitig angegangen werden. Das ist aus dem laufenden Haushalt, selbst wenn mehr konsolidiert würde, offenkundig nicht möglich. Rein faktisch pekuniär, aber auch, weil keine politische Einigung erzielt werden kann, wo und wie Kürzungen im Sozialen in Milliardenhöhe vorgenommen werden können.
Ein Sondervermögen für Investitionen ist angesichts der strukturellen Standortprobleme notwendiger denn je.
Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag des Bundesverbands der Deutschen Industrie – und zuvor schon der Wirtschaftsforschungsinstitute IW und IMK – der richtige Weg, um die fast schon religiöse Debatte um die weltliche Bindungswirkung der Schuldenbremse zu umgehen: analog zum Sondervermögen der Bundeswehr ein solches Vehikel auch für Investitionen schaffen. Allerdings, und hierüber müssten unabhängige Experten wachen, sollten die damit verbundenen Ausgaben tatsächlich nur dem Investitionsziel dienen, sie müssen sich zudem über mehrere Jahre erstrecken und erkennbar den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen – technologisch, energetisch, strukturell.
Mit dem Lockmittel Sondervermögen ginge aber auch einher, dass der Staat vorlegen muss: Strukturreformen, weniger Dirigismus und Bürokratie sowie mehr Marktvertrauen und Technologieoffenheit. Nur dann können die zusätzlichen Investitionen effizient wirken – und dann würden Unternehmen wieder ihre Zukunft in Deutschland sehen.