LEITARTIKEL

Der lange Marsch des Yuan

Der Yuan hat sich auf den Weg zur internationalen Reservewährung gemacht. Mit Blick auf Chinas vorsichtige Herangehensweise an wirtschaftliche Transformationsprozesse gilt dies als langer Marsch, bei dem man besser nicht in Jahres-, sondern in...

Der lange Marsch des Yuan

Der Yuan hat sich auf den Weg zur internationalen Reservewährung gemacht. Mit Blick auf Chinas vorsichtige Herangehensweise an wirtschaftliche Transformationsprozesse gilt dies als langer Marsch, bei dem man besser nicht in Jahres-, sondern in Dekadenabschnitten rechnen sollte. Tatsache ist aber, dass Chinas neue Regierungsmannschaft im Zuge ihrer ambitiösen Reformagenda ein rascheres Tempo beim Zulassen marktorientierter Veränderungen anschlägt. Und sie hat ein Interesse daran, schnell Erfolge nach außen zu tragen.Im Gegensatz zum zähen Aufbrechen ineffizienter staatskapitalistischer Strukturen auf allen Verwaltungsebenen und in lokalen Niederungen des Riesenreiches ist die zentral gesteuerte Währungspolitik ein dankbares Betätigungsfeld für rasche Öffnungsprozesse mit durchschlagender gesamtwirtschaftlicher Wirkung. Kein Wunder also, dass seit Verkündung der großen Reformagenda vor allem Liberalisierungsbestrebungen im Währungsumfeld und die Forcierung der Internationalisierung des Yuan Schlagzeilen machen.Das Jahr 2014 verheißt neue Aufbruchstimmung für den Yuan; die ersten sechs Monate waren ein hyperaktives Semester – und es geht weiter Schlag auf Schlag. Gerade wurden die Weichen dafür gestellt, dass der koreanische Won in eine direkte Devisenhandelsbeziehung (ohne Umweg über den Dollar-Kurs) zum Yuan gehen kann. Ende Juni erst war auch das britische Pfund als bislang fünfte Währung in den direkten Handelslink zum Yuan getreten. Wichtiger noch ist, dass mit der Benennung von Clearingbanken in London und Frankfurt die Weichen für die Umsetzung der ersten förmlichen europäischen Yuan-Offshore-Zentren gestellt sind, die nun neben Hongkong, Singapur und Taipeh treten.Der kleine Club soll rasch erweitert werden. Chinas Zentralbank hat nun auch Vereinbarungen mit den Währungshütern in Paris, Luxemburg und Seoul unterzeichnet, die der Verstärkung des Yuan-Geschäfts und dem Aufbau von dortigen Yuan-Clearingzentren dienen. Als Nächstes dürften Sydney und vielleicht auch New York auf der Liste von Plätzen stehen, die sich für ein weltumspannendes Yuan-Offshore-Netz verbürgen. Der chinesischen Regierung geht es freilich um mehr als nur darum, Globalisierungsfähnchen auf internationalen Finanzzentren abzustecken. Der Weg zu einer internationalen Währung, die besser mit der Bedeutung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft korrespondiert, hat unter der neuen Regierung und dem reformorientierten Notenbankgouverneur Zhou Xiaochuan, dessen Konzepte in Peking immer mehr Gehör finden, deutlichere Konturen angenommen.Chinas wohl begründete (und auch vom Internationalen Währungsfonds verstandene) Furcht vor einem starken Abbau von Kapitalverkehrsschranken heißt, dass man hier ein langsames Tempo anschlagen wird, aber mit der Flexibilisierung der Währung und der Schaffung von Offshore-Kanälen sie gleichwohl für eine stärkere internationale Verwendung präpariert. Die jüngste Erweiterung der täglichen Schwankungsbreite des Yuan um einen Referenzkurs zum Dollar schafft neue Voraussetzungen, um Markttendenzen stärker im Yuan-Kurs zu reflektieren. Dass damit auch eine einstweilige Unterbrechung der zuvor unablässigen Aufwertung gegenüber dem Dollar einhergeht, mag viele Marktteilnehmer verwirren. Die Unterbrechung der “sicheren Aufwertungswette” sollte der breiteren Verwendung des Yuan aber keinesfalls schaden. Der Yuan-Kurs wird weiterhin von der Zentralbank kontrolliert, er atmet aber nun stärker in Bezug auf konjunkturelle Faktoren und Nachfragekonstellationen an den Märkten.Mit der stärker marktgetriebenen Bewegung des Yuan wächst auch der Bedarf an Yuan-bezogenen Finanz- und Absicherungsprodukten in Begleitung von Handels- und Investmentströmen. Dabei geht es wohlgemerkt nicht nur um die Präsenz westlicher Firmen im Reich der Mitte, sondern auch um den Globalisierungsdrang chinesischer Unternehmen. Für beide Seiten gilt, dass Yuan-Finanzierungen mit Kosten- und Sicherheitsvorteilen für die Kontrahenten verbunden sind. Hier kann sich der Finanzplatz Frankfurt auch über die deutsche Unternehmenssphäre hinaus mit dem nun im Aufbau befindlichen Yuan-Clearingangebot in Stellung bringen. Auf einem Exklusivitätsstatus wird man sich allerdings nicht ausruhen können. Peking will nicht in den europäischen Finanzplatzwettbewerb eingreifen, sondern dafür sorgen, dass von möglichst überall her der Yuan rollt.——–Von Norbert HellmannPeking will nicht nur Globalisierungsfähnchen auf internationalen Finanzplätzen setzen. Die Internationalisierung des Yuan bekommt schärfere Konturen.——-