"Der Risikoaufschlag wird überbewertet"

Berlusconi spielt Problem der Staatsschulden runter

"Der Risikoaufschlag wird überbewertet"

tkb Mailand – Die neuerliche Zunahme der Zinsdiskrepanz zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen kommt Italien teuer zu stehen. Das Land wies im September eine Rekordverschuldung von 2 000 Mrd. Euro, rund 129 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf. Bis 2020 muss Italien mit rund 300 Mrd. Euro jährlich seine Schulden refinanzieren. “100 Punkte mehr Zinsdifferenz bedeuten 10 Mill. Euro mehr Zinsen pro Tag, 500 Punkte bedeuten 50 Millionen mehr pro Tag und 18 Mrd. Euro mehr pro Jahr”, erklärte der Professor für Finanzpolitik an der Universität Turin, Mario Deaglio.Aus Kreisen von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi verlautete, die zeitgerechte Rückzahlung der Schulden sei nicht obligatorisch. Deaglio bezeichnet diese Möglichkeit als finanziellen Selbstmord Italiens. Berlusconi zeigte sich jedoch gelassen darüber, dass die Risikoaufschläge auf italienischen Staatspapieren seit Ankündigung seiner Kandidatur gestiegen seien. “Der Risikoaufschlag wird überbewertet”, sagte er in seinem eigenen TV-Sender Canale 5. Er warf Regierungschef Mario Monti “Deutschlandhörigkeit” vor. Monti habe sich bei seiner Sparpolitik von den Vorgaben Berlins lenken lassen. Monti konterte im staatseigenen TV-Sender RAI, dass die Sparpolitik der einzige Weg gewesen sei, um den Staatsbankrott zu vermeiden.Monti hatte am Samstag, einen Tag nach Berlusconis offizieller Kandidatur für die Parlamentswahlen, seinen Rücktritt angekündigt. Er will aber vorher noch die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im Parlament abwarten. Spekulationen zufolge könnte Monti aber doch selbst kandidieren oder als künftiger Staatspräsident Einfluss auf die Politik ausüben. Rückendeckung hatte Montis Reformpolitik am Dienstag auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten. Auch der Präsident des Industriellenverbandes Confindustria Giorgio Squinzi forderte Berlusconi zu leiseren Tönen auf. Die Confindustria hatte am Dienstag ihre Wirtschaftsprognose revidiert und sieht 2013 eine Fortsetzung der Rezession. Das BIP werde 2013 um 1,1 % (statt der bislang prognostizierten 0,6 %) sinken, hieß es.