Deutsche Exporteure kommen gegen globale Konjunkturschwäche nicht an
Konjunkturschwäche bremst Exporte aus
Ausfuhren sinken unerwartet – Geringere Nachfrage aus den USA und dem Euroraum – Außenhandel wird zum “Hemmschuh”
ba Frankfurt
Die globale Konjunkturschwäche verdirbt den deutschen Exporteuren im Mai ihre Geschäfte. Die geringere Nachfrage nach Waren „Made in Germany“, insbesondere aus den USA und den Ländern des Euroraums, ist ein weiteres Indiz, dass sich die Konjunkturerholung hierzulande weiter verzögern wird. Denn der Gegenwind, ein Gemisch aus hoher Inflation, weiter steigenden Zinsen und geopolitischen Unsicherheiten, weht unverändert.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden im Mai kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 130,5 Mrd. Euro exportiert. Das sind 0,1% weniger als im April. Ökonomen hatten nach dem unerwarteten Exportplus von revidiert 1,0 (zunächst: 1,2)% im April und dem Einbruch um 5,6% im März einen Anstieg von 0,4% prognostiziert. Für die Importe verzeichnete Destatis ebenfalls eine Gegenbewegung zum Vormonat: Die nach Deutschland eingeführten Waren im Wert von 116,1 Mrd. Euro lagen um 1,7% unter dem Niveau des Vormonats, im April waren sie um 0,1% gesunken. Der Außenhandelsbilanzüberschuss, für den Deutschland in der Vergangenheit vor allem von den USA oft heftig kritisiert worden war, ist daher im Mai auf 14,4 Mrd. Euro abgeschmolzen. Im April 2023 hatte der kalender- und saisonbereinigte Saldo der Außenhandelsstatistik bei +16,5 Mrd. Euro gelegen, im Mai 2022 bei +4,4 Mrd. Euro. Im Jahresvergleich sanken die Exporte um 0,7% und die Importe um 8,6%.
„Neue Normalität“
Die schleppenden Exporte seien „nicht mehr die Ausnahme, sondern die neue Normalität“, urteilt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING. Seit vergangenem Sommer seien die deutschen Exporte extrem unbeständig, doch der allgemeine Trend zeige nach unten. „Der Handel ist nicht mehr der starke, widerstandsfähige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern eher ein Hemmschuh“, mahnt er. Reibungen in den Lieferketten, eine stärker fragmentierte Weltwirtschaft und die Tatsache, dass China zunehmend in der Lage ist, Waren zu produzieren, die es früher in Deutschland gekauft hat, benennt er als die Faktoren, die die deutschen Exporte belasten.
Ähnlich zurückhaltend zeigt sich auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: „Die Exporte halten sich auf hohem Niveau, der Aufwärtsdrive bleibt aber ausgeschaltet“ – Stand jetzt würde der Exportsektor aber ein weiteres Quartalsminus einfahren. Nachlassende Impulse aus den USA würden besonders ins Gewicht fallen. Die USA sind zwar weiter Abnehmerland Nummer eins, doch die Exporte dorthin im Wert von 12,7 Mrd. Euro liegen 3,6% unter dem Niveau von April. Nach China gingen Waren im Wert von auf 8,6 Mrd. Euro, das ist ein Plus von 1,6%. Die Exporte nach Großbritannien wuchsen dagegen um 5,8% auf 6,4 Mrd. Euro. Die Ausfuhren in die EU-Staaten fielen um 1,5% auf 70,3 Mrd. Euro zurück, wobei der Rückgang in die Staaten der Eurozone von 1,6% auf 49,2 Mrd. Euro am kräftigsten ausfiel.
Auftragsschwäche zeigt sich
Gerade auch vor der aktuell laufenden sehr aufgeheizten „China-Abhängigkeit-Debatte“ zeigen die Handelsdaten mit dem Reich der Mitte, wie wichtig das Land für die deutsche Industrie ist, mahnte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank: „Ohne das Plus gegenüber China sähe die Bilanz im Mai noch schlechter aus.“ Den Exportrückgang vom Mai wertet er als erstes Indiz dafür, dass sich nun die schwachen Auftragseingänge bemerkbar machen. So zeigen sich die Neubestellungen seit mehr als einem Jahr schwach und zuletzt verlief der Auftragseingang gerade auch aus Übersee schleppend. Nachdem weniger Aufträge am Ende aber auch weniger Export bedeuten, sei es nur eine Frage der Zeit, bis der schwache Auftragseingang auch negativ auf die Exportentwicklung abfärbt.
„Damit erhärtet sich aber einmal mehr der Verdacht, dass aus einer konjunkturellen Erholung vorerst nichts wird.“ Der Blick auf das zweite Halbjahr bleibe betrüblich. Gitzel erwartet daher, dass das Bruttoinlandsprodukt im Gesamtjahr 2023 schrumpfen wird.
Trübe Aussichten
Wie trübe die Exporteure ihre Aussichten der kommenden drei Monate einschätzen, zeigt sich am entsprechenden Ifo-Barometer, das im Juni um 6,6 auf −5,6 Punkte und damit den niedrigsten Wert seit November 2022 gefallen ist. „Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie hat sich deutlich eingetrübt“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. Dass sich neben der inländischen Nachfrageschwäche jetzt auch noch weniger Aufträge aus dem Ausland abzeichneten, seien „keine guten Nachrichten für die deutsche Exportwirtschaft“.