Deutsche Industrie schwächelt

Produktion sinkt unerwartet um 1,1 Prozent - Sondereffekt bremst - 0,9 Prozent weniger Exporte

Deutsche Industrie schwächelt

Die deutsche Industrie ist unerwartet schwach in das zweite Halbjahr gestartet. Sowohl Produktion als auch Exporte sind im Juli geschrumpft – dies deutet auf ein nur mehr moderates Wirtschaftswachstum im dritten Quartal hin.ba Frankfurt – Nach den überraschend eingebrochenen Auftragseingängen in der Industrie sind am vergangenen Freitag auch die Produktion und die Exporte anders als prognostiziert zurückgegangen. Dass dagegen die Importe kräftig zugelegt haben, signalisiert anhaltende Investitionen und einen robusten Konsum. Ökonomen hatten zwar jeweils mit zumindest leichten Zuwächsen gerechnet, verwiesen in ihren Analysen allerdings auf Sondereffekte wie die Urlaubszeit und den Zulassungsengpass nach dem neuen Fahrzyklus für Pkw (WLTP), aber auch auf die Unsicherheit wegen des anhaltenden Handelskonflikts. Den Aufschwung sehen sie daher weiter nicht in Gefahr.Laut den vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) verringerten Industrie, Bau und Versorger zusammen im Juli ihren Ausstoß im Monatsvergleich preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,1 %. Volkswirte hatten statt des zweiten Rückgangs in Folge mit einem Plus von 0,2 % gerechnet. Im Juni war der Output um revidiert 0,7 (zuvor: 0,9 )% zurückgegangen. Einen noch stärkeren Rückgang im Juli verhinderte allein die Baubranche, die den Ausstoß um 2,6 % steigerte. Die Energieerzeugung stagnierte dagegen, während die Industrie im engeren Sinne ein Minus von 1,9 % verzeichnete. Innerhalb der Industrie drosselten die Hersteller von Investitionsgütern die Produktion am stärksten (-2,5 %), bei Vorleistungs- und Konsumgütern lagen die Produktionseinbußen bei 1,4 % bzw. 0,9 %.Das Bundeswirtschaftsministerium führt die aktuelle Produktionsschwäche – ebenso wie den weiteren Rücksetzer der Auftragseingänge (vgl. BZ vom 7. September) – auch auf die WLTP-Problematik zurück. “Bei gegenwärtig zögerlichen Auftragseingängen, aber hohem Auftragsbestand dürfte sich der Aufschwung in der Industrie mit der Auflösung des Zulassungsstaus fortsetzen”, erwartet das Ministerium. Andreas Rees, Deutschland-Chefökonom der Unicredit, mahnt allerdings, dass es noch dauern wird, bis der Aufholeffekt einsetzt, denn laut dem deutschen Automobilverband ist die Produktion im August um mehr als 30 % im Jahresvergleich zurückgegangen. Ralph Solveen von der Commerzbank weist darauf hin, dass sich die Produktion auch ohne den Automobilsektor “nach dem starken Anstieg im vergangenen Jahr allenfalls seitwärts bewegt”. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern, die deutsche Wirtschaft werde daher im dritten Quartal nur moderat zulegen.Dafür sprechen auch die Zahlen vom Außenhandel: Die Ausfuhren gingen im Juli kalender- und saisonbereinigt um 0,9% im Monatsvergleich zurück, wohingegen Ökonomen mit einem Plus von 0,2 % gerechnet hatten. Die Importe hingegen legten 2,8% zu – dies war sowohl das vierte Plus in Folge als auch der kräftigste Anstieg seit fast vier Jahren. Laut Destatis wurden von Deutschland Waren im Wert von 111,0 Mrd. Euro exportiert und Waren im Wert von 94,5 Mrd. Euro importiert, das sind 7,6 % bzw. 12,0 % mehr als im Vorjahr.Die Handelsbilanzdaten könnten von der deutschen Bundesregierung jedenfalls zur Vermarktung in Washington benutzt werden, regt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, an: “Die Importe legen zu und die Exporte geben nach – mit einem schönen Gruß an Donald Trump.” Der vor allem von US-Präsident Donald Trump kritisierte Handelsüberschuss schrumpfte kalender- und saisonbereinigt den zweiten Monat in Folge, auf 15,8 Mrd. Euro nach 19,3 Mrd. Euro im Juni.Allianz-Ökonom Gregor Eder sieht die jüngsten Konjunkturdaten “als Beleg dafür, dass die deutsche Binnennachfrage nach wie vor gut läuft, während hingegen der Exportmotor ins Stottern geraten ist”. Halte die Verunsicherung durch den andauernden Handelskonflikt mit den USA “lange genug an, schlägt sie sich letztendlich auch in der Wirtschaftsaktivität nieder, egal ob es nun zu einer Zuspitzung kommt oder nicht”.