BDI

Deutsche Industrie wenig optimistisch für 2024

Die deutsche Industrie blickt mit wenig Optimismus auf das anstehende Jahr und mit Sorge auf die derzeitige Politik in Berlin und Brüssel. Das Wachstum wird 2024 nach Einschätzung des BDI allenfalls „marginal“ ausfallen. Es fehle eine verlässliche Kalkulationsbasis für Investitionen, klagt der Verband.

Deutsche Industrie wenig optimistisch für 2024

BDI sieht wenig Grund für Optimismus

Marginales Wachstum erwartet – Industrie fordert Widerstand gegen EU-Lieferkettengesetz und vermisst Kraftwerksstrategie

Die deutsche Industrie blickt mit wenig Optimismus auf das anstehende Jahr und mit Sorge auf die derzeitige Politik in Berlin und Brüssel. Das Wachstum wird 2024 nach Einschätzung des BDI allenfalls „marginal“ ausfallen. Es fehle eine verlässliche Kalkulationsbasis für Investitionen, klagt der Verband.

ahe Berlin

Nach den Bauernprotesten der vergangenen Tage hat auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Politik der Ampel-Koalition deutlich kritisiert. Nicht erst die Turbulenzen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds hätten das vergangene Jahr so unerfreulich gemacht, monierte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Dienstag in Berlin. Die Politik habe sich vielmehr „in eine Komplexitätsfalle manövriert“, die Vertrauen koste und zu Verunsicherung führe – bei Unternehmen und Bürgern. Nach Einschätzung Russwurms ist beides zutiefst beunruhigend: wirtschaftlich, weil es jede verlässliche Kalkulationsbasis für Investitionen verhindere, und politisch, weil es aus Ärger oder echter Verzweiflung viele Menschen „auf Abwege“ führe.

Verständnis für Landwirte

Russwurm zeigte grundsätzliches Verständnis für die Demonstrationen der Landwirte, räumte aber auch ein, dass Deutschland von sozialen Unruhen noch ein Stück weit entfernt sei. Allerdings gerate die Demokratie „zunehmend in Gefahr, wenn bei Sachproblemen unendlich lang und fast schon dogmatisch gestritten wird, statt gemeinsam im Diskurs der Sachargumente zu Lösungen zu kommen“, warnte der BDI-Präsident.

Auf europäischer Ebene sieht Russwurm ebenfalls wenig Grund zum Lob: „Was wir derzeit in Brüssel erleben, ist – vorsichtig ausgedrückt – irritierend“, klagte er und verwies in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Ende 2023 von den EU-Gesetzgebern gefundenen Kompromiss zum europäischen Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz. „Hier liegen komplett wirklichkeitsfremde Vorstellungen zugrunde, die den Unternehmen uneinlösbare Pflichten aufbürden würden.“

Auch FDP gegen EU-Lieferketten

Russwurm forderte die Bundesregierung auf, die Regelungen zu verhindern. Es müsse ein klares Nein geben oder die Gesetzgebung müsse noch einmal komplett neu begonnen werden. Zuvor hatte auch schon die FDP angekündigt, das EU-Lieferkettengesetz noch stoppen zu wollen. In einem Präsidiumsbeschluss vom Montag hatte die Partei den EU-Kompromiss als „völlig realitätsfern“ kritisiert, der „unverhältnismäßige Hürden und Rechtsunsicherheit“ schaffe. SPD und Grüne unterstützen die geplante neue EU-Regulierung bislang.

Für 2024 prognostiziert der BDI lediglich einen „marginalen Anstieg der Wirtschaftsleistung“ in Deutschland um 0,3%. Russwurm verwies darauf, dass das globale Wachstum zugleich 2,9% und das EU-Wachstum bei immerhin 0,7% liege. „Konjunkturell herrscht Stillstand in Deutschland. Im Vergleich zu den meisten anderen großen Industrieländern fällt unser Land weiter zurück“, klagte er. „Eine Chance auf einen raschen Befreiungsschlag 2024 sehen wir nicht.“

Russwurm fordert „Kraftwerksstrategie“

Konjunkturell kommt Deutschland im neuen Jahr nach Einschätzung des BDI nur voran, wenn der private Konsum anzieht. Zum „konjunkturellen Lichtblick“ könne die Zinspolitik der Zentralbanken werden, weil die Inflationsraten zurückgingen, hieß es. Spürbare Effekte in der Realwirtschaft werde dies allerdings erst ab dem Frühjahr 2025 auslösen.

Zu den wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung zählte Russwurm, möglichst schnell eine Kraftwerksstrategie vorzulegen, damit der Bau von Backup-Kapazitäten auf Wasserstoffbasis für die weitere Energiewende beginnen kann. „Es wäre skurril und blamabel, wenn Deutschland als Land mit einer der ambitioniertesten Strategien zur Dekarbonisierung am Ende vom Weiterbetrieb seiner Kohlekraftwerke abhängt, weil Alternativen dazu fehlen“, warnte er. Nach BDI-Prognose werden neue Erzeugungskapazitäten im Volumen von über 40 Gigawatt benötigt.

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