Deutsche Inflation macht einen Sprung
ms Frankfurt
Die Inflation in Deutschland hat wie erwartet zu Jahresbeginn sehr kräftig zugelegt – und sogar noch etwas stärker, als viele Volkswirte prognostiziert hatten. Im Januar kletterten die Verbraucherpreise gemessen an dem für EU-Zwecke berechneten harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber Vorjahr um 1,6%, wie Destatis gestern mitteilte. Im Dezember waren die Preise im Vorjahresvergleich dagegen sogar um 0,7% gesunken. Verantwortlich waren nun primär Basis- und Sondereffekte. Zumindest in den nächsten Monaten dürfte die Inflation absehbar weiter zulegen, bevor es dann wieder eine gegenläufige Entwicklung gibt. Der mittelfristige Trend ist unklarer.
Die neuen Daten dürften die teils hitzige Debatte über Inflationsrisiken befeuern. Bislang hatten neben Basiseffekten auch die Coronakrise und die schwächelnde Konjunktur den Preisauftrieb gedämpft. Einige Ökonomen sagen aber nach Überwindung der Krise eine starke Gegenbewegung voraus, zumal Staaten und Notenbanken Hunderte Milliarden Euro in die Wirtschaft und die Märkte gepumpt haben. Andere Volkswirte widersprechen und verweisen auf preisdämpfende Effekte wie die Globalisierung und Digitalisierung.
Für den rasanten Anstieg der deutschen Inflation im Januar waren nun vor allem Sonder- und Basiseffekte maßgeblich: So lief Ende 2020 etwa die temporäre Mehrwertsteuersenkung aus, die die Bundesregierung 2020 zur Ankurbelung der Wirtschaft beschlossen hatte. Zudem gibt es seit Jahresbeginn eine neue CO2-Abgabe. Ohnehin läuft der negative Basiseffekt durch den Ölpreiseinbruch in der Coronakrise zunehmend aus. Deswegen war ein kräftiger Anstieg der Teuerung erwartet worden. In den nächsten Monaten könnte sie sogar noch über 2% steigen.
Gegen eine absehbare weiter stark anziehende Inflation oder gar einen Kontrollverlust spricht aktuell dagegen vor allem die weiter hohe Unterauslastung der Kapazitäten in der Industrie und am Arbeitsmarkt. Entsprechend sprach auch Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING, zwar von einem „Inflationsschock“. Zugleich beschwichtigte er aber, dass die Wirtschaft nicht vor Anfang 2022 ihr Vorkrisenniveau erreichen werde. Das dämpfe den Inflationsdruck. Für die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Kommunikation aber nun schwieriger.
Die EZB ihrerseits hatte bereits vor den neuen Daten wiederholt klargemacht, dass sie den für 2021 erwarteten Inflationsanstieg als temporär ansieht und deswegen keinen Bedarf sieht, etwas an der beispiellos expansiven Geldpolitik zu ändern. Für den Euroraum veröffentlicht Eurostat nächsten Mittwoch eine erste Inflationsschätzung für Januar.
„EZB im Währungskrieg“
Derzeit versuchen EZB-Granden sogar vielmehr, die Märkte von ihrer generellen Bereitschaft zu einer weiteren Lockerung zu überzeugen – auch mit Blick auf Zinssenkungen. Hintergrund ist auch die Euro-Stärke. Die Commerzbank sprach gestern davon, dass die EZB de facto einen „Währungskrieg“ erklärt habe.