Deutsche Preise wieder im Deflationsbereich

Ökonomen erwarten aber eine Wende im Sommer

Deutsche Preise wieder im Deflationsbereich

lz/ms Frankfurt – Trotz der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen sich in Deutschland bislang keinerlei Anzeichen, dass die Inflation sich nachhaltig von der Nulllinie lösen könnte. Im Gegenteil: Im April sanken die Preise in europäischer statistischer Abgrenzung sogar um 0,1 % in der Jahresrate. Im Vergleich zum Vormonat gaben die Preise sogar um 0,3 % nach. Noch im März hatten teurere Nahrungsmittel und höhere Preise für Pauschalreisen die Inflation leicht anziehen lassen. Endgültige Daten für April werden am 13.5. veröffentlicht.Grund für die schwache Teuerung sind nach wie vor die Energiepreise. Heizöl und Treibstoffe sind weiter erheblich günstiger als ein Jahr zuvor. Das Energiepreisniveau lag nach vorläufigen Zahlen im April um 8,5 % unter dem des Vorjahresmonats. Allerdings schwächte sich dieser Effekt derzeit etwas ab. Inzwischen machen sich nach Erkenntnissen von Carsten Brzeski, Chefökonom der ING-DiBa, aber Zweitrundeneffekte in anderen Güterklassen bemerkbar, welche die Teuerung drücken. Die höheren Löhne haben bisher noch keinen inflationstreibenden Effekt.Nach Einschätzung des Chefvolkswirts der VP Bank, Thomas Gitzel, dürfte die Inflation auch im Mai durch die Entwicklung der Ölpreise belastet werden. Zum Sommer sei dann mit einem deutlichen Anstieg der Teuerung zu rechnen. Der rapide Fall der Ölpreise im zweiten Halbjahr 2015 werde dann “voll durchschlagen”. Ende 2016 sind nach Meinung von KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner gar wieder Inflationsraten um die 2 % realistisch. Das sollte “die Inflationserwartungen beflügeln und Deflationsrisiken kleiner werden lassen”.Unterdessen verteidigte Notenbankchef Mario Draghi gestern erneut den EZB-Kurs in der Geldpolitik. Die Probleme der Niedrigzinsen etwa für Sparer seien der EZB zwar “sehr wohl bewusst”, sagte er der “Bild”-Zeitung. Aber: “Der niedrigere Zins heute ist notwendig für höhere Zinsen in der Zukunft.” Nur bei mehr Wachstum und mehr Inflation könnten die Zinsen künftig wieder steigen. Er betonte zudem, dass die Sparer ihr Geld auch anders anlegen könnten als auf dem Sparbuch. Das Interview in der “Bild” ist Teil des Versuchs der EZB, in Deutschland mehr Gehör zu finden (vgl. BZ vom 27. April). Im Sommer will Draghi dafür auch den Bundestag besuchen und mit Abgeordneten diskutieren.