Deutsche Verbraucher hoffen auf niedrigere Inflationsraten
Verbraucher setzen auf mehr Gehalt
Nachlassende Inflation erwartet – Rückenwind vom Jobmarkt schwindet – GfK-Konsumklima steigt etwas
Die deutschen Verbraucher erwarten, dass die Preissteigerungen nachlassen und ihnen steigende Einkommen auch tatsächlich eine höhere Kaufkraft bescheren. Das Konsumklima hat sich daher leicht erholt, bleibt aber auf niedrigem Niveau und wird der Gesamtwirtschaft in diesem Jahr keinen Schub geben.
ba Frankfurt
Die Hoffnung auf höhere Einkommen und sinkende Preise geben den deutschen Verbrauchern zur Jahresmitte etwas Auftrieb. Ihre Stimmung hat sich zwar leicht aufgehellt, der GfK-Konsumklimastudie für Juli zufolge bleibt das Niveau aber weiter zu niedrig, als dass der private Konsum für das Gesamtjahr einen positiven Wachstumsbeitrag bringen könnte. Anders sieht es mit Blick auf das zweite Quartal aus: Hier erwarten von Reuters befragte Ökonomen durchaus, dass der private Verbrauch die Konjunktur gestützt hat. Sie prognostizieren im Schnitt ein schmales Plus von 0,1% im Quartalsvergleich. Im Winterhalbjahr war die deutsche Wirtschaft mit Rückgängen von 0,5% und 0,3% zum Vorquartal qua Definition in die technische Rezession gerutscht. An diesem Freitag veröffentlicht das Statistische Bundesamt eine Schnellmeldung zur Entwicklung in den drei Monaten bis Juni.
Die GfK prognostiziert für das Konsumklima im August einen Stand von −24,4 Punkten nach revidiert −25,2 (zunächst: −24,4) Zählern im Juli. Damit seien die im Vormonat erlittenen Verluste vollständig kompensiert, obwohl die Anschaffungs- und Sparneigung nahezu unverändert blieben, teilten die Nürnberger Marktforscher mit. „Aktuell trägt ausschließlich die Einkommenserwartung zur Verbesserung der Konsumstimmung bei“, kommentierte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 2.000 Verbrauchern. „Grund für den schwindenden Pessimismus ist vor allem die Hoffnung auf rückläufige Inflationsraten.“ Damit hätten sich die Chancen, dass das Konsumklima seinen Erholungskurs wieder aufnehmen kann, etwas verbessert, das Niveau werde aber niedrig bleiben.
Ifo-Beschäftigungsindex fällt
Dass die privaten Haushalte beim Blick auf ihre Einkommensentwicklung aktuell wieder optimistischer waren, führt die GfK vor allem auf die weniger stark steigenden Preise zurück. Der Indikator legte auf den besten Wert seit Ausbruch des Ukraine-Krieges zu. Dennoch werde er auch in den kommenden Monaten durch die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der Haushalte belastet bleiben, mahnte die GfK. Zudem lässt der Rückenwind vom Jobmarkt nach: So hat die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen im Juli der jüngsten Ifo-Umfrage zufolge “merklich abgenommen”. Das entsprechende Beschäftigungsbarometer sank um 1,2 auf 97,1 Punkte. „Gegenwärtig halten sich positive und negative Antworten genau die Waage“, erklärte dazu Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Nahezu alle Branchen werden vorsichtiger bei Neueinstellungen.“ Mit Neueinstellungen sei gegenwärtig nur bei den Dienstleistern zu rechnen, dort vor allem im Tourismus sowie in der IT-Branche. In der Industrie werde verstärkt über Entlassungen nachgedacht, insbesondere in der chemischen Industrie und der Metallbranche. Auch der Handel neige dazu, mit weniger Personal auszukommen. Im Baugewerbe löste die Rezession bisher nur eine leichte Tendenz aus, Mitarbeiter zu entlassen.
Die Anschaffungsneigung stieg laut GfK um 0,3 auf −14,3 Zähler. Ursächlich sei die anhaltend große Verunsicherung der Verbraucher: Hohe Lebensmittel- und Energiepreise, der anhaltende Ukraine-Krieg sowie die Sorgen vor steigenden Kosten durch Sanierungsmaßnahmen für Immobilien als Folge des Heizungsgesetzes würden die Verbraucher veranlassen, „mit ihren geplanten Anschaffungen derzeit vorsichtiger umzugehen“.
Die in den vergangenen Monaten rückläufige Konjunkturstimmung hat sich im Juli nicht fortgesetzt: Der Indikator verharrte bei 3,7 Punkten. Während die stabile Beschäftigungslage weiter eine wesentliche Stütze der deutschen Konjunktur sei, verunsichere die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Konsumenten. Auch wenn es sicherlich notwendig sei, die Inflation durch eine restriktivere Geldpolitik wieder auf ein akzeptables Maß zurückzuführen, bestehe die Gefahr, durch eine zu strenge Geldpolitik die ohnehin angeschlagene Wirtschaft weiter in die Rezession zu führen, beschrieb die GfK den Zwiespalt.
DIW skeptisch
Wie trübe die konjunkturellen Aussichten sind, zeigen die derzeit reihenweise erfolgenden Prognosesenkungen, zuletzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Deutschland wird den Voraussagen zufolge die einzige große Volkswirtschaft sein, die in diesem Jahr schrumpft: Nämlich um 0,3%, nachdem im April noch ein Minus von 0,1% erwartet worden war. “Die Hoffnung auf einen starken konjunkturellen Aufschwung über die Sommermonate schwindet, und die Anzeichen für ein schwaches Wirtschaftsjahr 2023 häufen sich”, urteilt auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Das DIW-Konjunkturbarometer liegt im Juli bei 90,3 Punkten für das dritte Quartal – merklich unter dem Ergebnis für das zweite Quartal und deutlich unter der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum angibt. Vor allem die Industrie schwächele, und auch in der Baubranche seien die Aussichten auf einem Tiefstand. Die Dienstleister hätten aber ebenfalls zu kämpfen, analysiert das DIW.