Deutsche Wirtschaft atmet durch
Das Ifo-Geschäftsklima, das sich im November wie erwartet aufgehellt hat, reiht sich ein in die jüngsten Ergebnisse der Stimmungsindikatoren und ist damit ein Beleg, dass sich die deutsche Wirtschaft stabilisiert. Für eine markante Aufwärtsbewegung muss allerdings die Industrie aus der Rezession finden. ba Frankfurt – Die Stimmungsaufhellung in den deutschen Chefetagen hat sich auch im November fortgesetzt – für eine Trendwende hin zum Besseren ist allerdings noch etwas mehr nötig. Ökonomen werten den Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas im November um 0,3 auf 95,0 Punkte, den sie auch so erwartet hatten, als weiteren Beleg für eine Bodenbildung in der deutschen Wirtschaft. “Die deutsche Konjunktur zeigt sich widerstandsfähig”, fasste Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 9 000 Managern zusammen.Die Führungskräfte bewerteten insbesondere die Aussichten für die kommenden Monate besser als im Vormonat, während die Lageeinschätzung nur minimal optimistischer ausfiel (siehe Grafik). Ökonomen führen den Anstieg der Erwartungskomponente darauf zurück, dass die Chancen auf eine Einigung oder im ersten Schritt auf ein Zwischenabkommen im US-chinesischen Handelskonflikt gestiegen seien und die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit gesunken sei. “Angesichts dessen, dass Donald Trump nicht für seine Berechenbarkeit bekannt ist und auch Theresa May schon einmal in den Umfragen führte, bevor sie die Mehrheit im Parlament verlor, bleibt die Unsicherheit vorerst erhalten”, sagte aber Nord/LB-Ökonom Stefan Große mahnend. Industrie verharrt im TiefInsbesondere die stark exportorientierte Industrie leidet unter dieser Unsicherheit und steckt immer noch in der Rezession fest. Im November trübte sich die Stimmung nach einer leichten Aufhellung im Vormonat sogar wieder ein. “Die Industrieunternehmen klagen, dass ihr Auftragsbestand weiter nicht zufriedenstellend ist. Auch ihre Exportaussichten haben sich leicht eingetrübt”, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Die Betriebe wollten ihre Produktion eher drosseln als steigern. Insbesondere die klare Stimmungsverschlechterung in der Automobilindustrie habe enttäuscht, nachdem es in den vorangegangenen fünf Monaten eine kontinuierliche Aufhellung gegeben hatte, betonte IKB-Chefvolkswirt Klaus Bauknecht.Bei den Dienstleistern hingegen verbesserte sich das Geschäftsklima. Laut Fuest gibt es eine besonders starke Entwicklung in den Bereichen IT-Dienstleistungen und Unternehmensberatungen. “Umgekehrt wäre es allerdings besser gewesen”, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Es gelte zu beachten, “dass die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe dem Dienstleistungsgewerbe vorausläuft” – die Gefahren für die deutsche Wirtschaft seien also keineswegs gebannt. Fiskalpolitik gefordert”Eine Trendwende und höhere Wachstumsraten werden wir erst sehen, wenn sich die Industrie wieder berappelt”, sagte Wohlrabe. Für das vierte Quartal erwartet das Ifo-Institut ein Wachstum von 0,2 % im Quartalsvergleich. In den drei Monaten bis September hatte die Wirtschaft 0,1 % zugelegt. “Treiber ist der Binnenmarkt”, sagte Wohlrabe: “Die Einzelhändler erwarten ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft.” Rekordbeschäftigung und steigende Löhne würden helfen, während der Bauboom von niedrigen Zinsen befeuert werde. Auch der Staatskonsum dürfte steigen, so Wohlrabe. Für ein nachhaltiges Wachstum allerdings wäre es auch “für die Finanzpolitik langsam an der Zeit zu liefern”, sagte Nord/LB-Ökonom Große.