Einkaufsmanagerindizes signalisieren Rezession

Deutsche Wirtschaft im Sinkflug

Der Nachfragemangel bremst die deutsche Wirtschaft immer stärker. Die Dienstleister haben der Krise in Industrie und Bau kaum noch etwas entgegenzusetzen. Die Einkaufsmanagerindizes deuten ein Abdriften in die Rezession an.

Deutsche Wirtschaft im Sinkflug

Nachfrageschwäche bremst Wirtschaft immer stärker

Krise von Bau und Industrie steckt Dienstleister an

ba Frankfurt

Zum Ende des dritten Quartals greift die Schwäche von Industrie und Bau zunehmend auf die Dienstleister über. Vor allem der Nachfragemangel bremst die Geschäfte − in sämtlichen Bereichen. Damit kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die deutsche Wirtschaft wohl auch im Sommer schrumpft und mit dem dann zweiten Minus-Quartal in Folge definitionsgemäß in einer technischen Rezession steckt.

Im Frühjahr sank die Wirtschaftsleistung um 0,1% und die Bundesbank erwartet für das dritte Quartal eine Stagnation oder einen leichten Rückgang. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiter in schwierigem Fahrwasser“, heißt es dazu im aktuellen Bundesbank-Monatsbericht.

Industrie und Bau schwächeln

Wie schwach Industrie und Bau dastehen, zeigen die endgültigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage im September. So ist der Einkaufsmanagerindex (PMI) für den gesamten Bausektor zwar um 2,8 auf 41,7 Punkte gestiegen. Mit einem Wert unterhalb der neutralen 50-Punkte-Schwelle signalisiert er aber weiter einen Rückgang der gesamten Bauaktivitäten. Der Index hat zum vierten Mal in den letzten fünf Monaten zugelegt und notiert nun so hoch wie zuletzt im Mai 2023. Die größten Einbußen zeigt weiter der Wohnungsbau, aber auch im Gewerbe- und Tiefbau liefen die Geschäfte schlechter.

„Nach wie vor sind die rückläufigen Auftragseingänge begleitet von zunehmendem Pessimismus hinsichtlich der zukünftigen Auslastung das größte Problem“, heißt es bei S&P Global. Darüber hinaus habe sich der Jobabbau beschleunigt. Positiv aus Sicht der Firmen sei aber, dass die Kosten weiter sinken. Setze sich der seit einem halben Jahr währende Trend sinkender Baukosten „noch eine Weile fort, könnten viele Bauprojekte, die derzeit aus Kostengründen abgesagt oder verschoben werden, doch noch realisiert werden", kommentiert Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank.

EZB senkt die Zinsen

„Helfen würde dabei auch der Zinssenkungskurs, den die EZB offensichtlich eingeschlagen hat.“ Im September hatte die EZB zum zweiten Mal nach Juni die Zinszügel gelockert. Der nachlassende Preisdruck im Euroraum zusammen mit der gesamtwirtschaftlichen Schwäche wären gute Argumente für eine Leitzinssenkung durch die EZB schon im Oktober, meint de la Rubia: „Und tatsächlich hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde kürzlich eine Zinssenkung für diesen Monat angedeutet.“

Der PMI für die Industrie gab um 1,8 auf 42,4 Zähler nach. Die Subindikatoren für Produktion, Auftragseingänge, Beschäftigung und Lagerbestände gingen laut S&P allesamt stärker zurück. Darüber hinaus erwarten die Unternehmen wegen der Sorgen um die zukünftige Nachfrage, die geopolitischen Spannungen sowie den allgemeinen Zustand der Wirtschaft eine geringere Auslastung binnen Jahresfrist.

Aufschwung setzt sich nicht fort

Der Aufschwung im Dienstleistungssektor wiederum ist S&P zufolge „nahezu zum Stillstand gekommen“, der PMI gab um 0,6 auf 50,6 Punkte nach. Dies ist der vierte Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit März. Die Nachfrageflaute habe sich verschärft, und die Geschäftsaussichten fielen so gedämpft aus wie seit zwölf Monaten nicht mehr. Erneut wurden Stellen gestrichen.

„Man fürchtet eine Rezession sowie einen verschärften Abschwung auf der Seite der Industrie“, analysiert de la Rubia. Viele Dienstleister seien für Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe tätig. Wenn diese beginnen, die Kosten stärker zu kontrollieren, würden extern erbrachte Leistungen häufig zuerst gestrichen.

Alle drei Schwergewichte schrumpfen

Deutschland ist im September allerdings nicht das einzige Schwergewicht im gemeinsamen Währungsraum, in dem es bergab ging − „erstmals seit Dezember 2023 verzeichnen alle drei großen Eurozone-Volkswirtschaften gleichzeitig einen Wachstumsrückgang“, betonte S&P. „Am schlimmsten hat es Deutschland erwischt" − hier ist der Composite PMI, der die Daten für Industrie und Dienstleister zusammenfasst, um 0,9 Punkte auf ein Vier-Monatstief bei 47,5 Zähler gesunken.

„Auch in Frankreich ging es mit der Wirtschaftskraft nach dem Olympia-bedingten Aufschwung im August wieder bergab“ begründet S&P den Rückgang des Composite PMI auf 48,6 Punkte. Italiens Wirtschaft schrumpfte erstmals seit Jahresbeginn wieder, mit einem Composite PMI von 49,7 Zählern allerdings nur minimal. Wachstum vermeldeten hingegen die beiden anderen von der Umfrage erfassten Länder Spanien (56,3) und Irland (52,1).

Nur marginales Wachstum erwartet

Insgesamt ist der Composite PMI für den Euroraum erstmals seit Februar wieder in den rezessiven Bereich gerutscht und notiert nun bei 49,6 Punkten nach 51,0 im August. Die Erstschätzung hatte mit 48,9 Zählern allerdings noch ein deutlich trüberes Bild gezeichnet. Angesichts der schrumpfenden Industriesektoren erwartet de la Rubia, dass die Euro-Wirtschaft im dritten Quartal nur marginal gewachsen ist.

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