Deutscher Arbeitsmarkt gerät ins Stocken
Deutscher Arbeitsmarkt gerät ins Stocken
Weniger Arbeitslose – Kaum Frühjahrsbelebung im Mai – Konjunktursorgen bremsen – Ausbildungsmarkt im Ungleichgewicht
ast Frankfurt
Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich im Mai schwächer entwickelt als für diese Jahreszeit üblich. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch mitteilte, sank die Zahl der Arbeitslosen um 42.000 auf 2,544 Millionen. Saisonbereinigt steht allerdings ein Plus von 9.000 Arbeitslosen zu Buche. Grund sind die anhaltenden Konjunktursorgen. Der Arbeitsmarkt zeigt sich damit zwar angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung weiterhin stabil. Er weist jedoch inzwischen erste Bremsspuren auf.
„Trotz schwacher Konjunktur ist der Arbeitsmarkt insgesamt beständig. Das Wachstum der Beschäftigung hält weiter an, verliert jedoch an Schwung. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben abgenommen, für einen Mai aber weniger als üblich“, sagte Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen der BA, anlässlich der Vorstellung des aktuellen Monatsberichts in Nürnberg. Verglichen mit dem Vorjahresmonat lag die Arbeitslosenzahl um 284.000 höher. Auch die Unterbeschäftigung, die zusätzlich zur Arbeitslosigkeit auch Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit beinhaltet, ist saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 25.000 gestiegen. Sie lag im Mai bei 3,419 Millionen Personen – und damit um 405.000 höher als vor einem Jahr. Auch ohne die Berücksichtigung ukrainischer Geflüchteter wären Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nach Angaben der Nürnberger Behörde gestiegen – wenn auch weniger stark.
Erwerbstätigkeit steigt
Die Arbeitslosenquote nahm im Vergleich zum April um 0,2 Prozentpunkte ab auf 5,5%. Das sind 0,6 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) legte die Zahl der Erwerbstätigen im April saisonbereinigt gegenüber dem März zu. Sie stieg um 18.000 auf nun 45,8 Millionen Personen und liegt nach wie vor auf sehr hohem Niveau. Für das laufende Jahr erwartet Destatis einen neuen Rekord, bevor die Erwerbstätigkeit mit dem Ruhestand der sogenannten Babyboomer-Jahrgänge zu sinken beginnt. An Nachwuchs mangelt es nach wie vor. Bei den Arbeitsagenturen und in Jobcentern meldeten sich seit Oktober 3.000 Bewerber weniger für Ausbildungsstellen als im Vorjahreszeitraum. Das Ungleichgewicht bleibt bestehen: 167.000 unversorgten Ausbildungsbewerbern stehen 276.000 unbesetzte Lehrstellen gegenüber.
Die Unternehmen zeigen sich angesichts der anhaltenden Konjunkturschwäche – Deutschland steckt in einer Rezession – zudem etwas weniger bereit für Neueinstellungen. Im Mai waren der BA zufolge 767.000 Stellen gemeldet. Das sind 98.000 weniger als vor einem Jahr. Allerdings, so die Statistiker, verharre der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen auf einem hohen Niveau. Der BA-Stellenindex (BA-X) sank im Mai um 2 auf 122 Punkte. Dass die Unternehmen trotz Winter-Rezession noch vergleichsweise eifrig neues Personal anheuern, hängt mit dem Fachkräfteengpass zusammen.
Fachkräftemangel belastet
Aus Sicht von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib bleibt die Fachkräftesicherung trotz Konjunkturschwäche eine große Herausforderung. Es fehle immer mehr an inländischem Nachwuchs für ausscheidende Arbeitskräfte. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung könne derzeit nur dank der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte noch steigen: „Es ist dringlich, alle Register zu ziehen und den Fachkräftemangel durch Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung, durch Mobilisierung von Erwerbsfähigen in Deutschland und gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt anzugehen.“