Arbeitslosigkeit

Deutscher Arbeitsmarkt kühlt ab

Die Schwäche der deutschen Wirtschaft zeichnet sich zunehmend auch auf dem Jobmarkt ab. Die Zahl der Arbeitslosen sank laut Bundesagentur für Arbeit nur geringfügig – und deutlich schwächer als in anderen Jahren. Zudem wird das Ungleichgewicht am Ausbildungsmarkt immer größer. Das liegt vor allem an regionalen Unterschieden.

Deutscher Arbeitsmarkt kühlt ab

Deutscher Arbeitsmarkt kühlt ab

ast Frankfurt

Herbstbelebung bleibt schwach – Ungleichgewicht am Ausbildungsmarkt wird größer – Erwerbstätigkeit auf Höchststand

Die Schwäche der deutschen Wirtschaft zeichnet sich zunehmend auch auf dem Jobmarkt ab. Die Zahl der Arbeitslosen sank laut Bundesagentur für Arbeit nur geringfügig – und deutlich schwächer als in anderen Jahren. Zudem wird das Ungleichgewicht am Ausbildungsmarkt immer größer.

Die aktuelle wirtschaftliche Schwäche in Deutschland wirkt sich mittlerweile auch auf den Jobmarkt aus. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) in ihrem aktuellen Bericht für Oktober am Donnerstag mitteilte, sank die Zahl der Arbeitslosen nur wenig. Die Arbeitslosenquote verharrte somit bei 5,7%. "Seit gut einem Jahr tritt die deutsche Wirtschaft mehr oder weniger auf der Stelle. Nach so langer Zeit bleibt das nicht ohne sichtbare Folgen für den Arbeitsmarkt", erklärte die Vorstandsvorsitzende der BA, Andrea Nahles, die schwache Herbstbelebung in diesem Jahr.

Mehr Arbeitslose

Die Nürnberger Behörde zählte im Oktober demzufolge 2,607 Millionen Arbeitslose und damit nur 20.000 weniger als im September. Vor einem Jahr war die Zahl noch um fast das Doppelte gesunken. So merkte auch Nahles an, dass der Rückgang für einen Oktober sehr gering sei. "Angesichts der Wirtschaftsdaten behauptet sich der Arbeitsmarkt aber vergleichsweise gut", so die ehemalige SPD-Chefin in Nürnberg. Im Vergleich zum Oktober 2022 zählte die BA zudem insgesamt 165.000 Arbeitslose mehr.

Auch die Kurzarbeit nahm im Oktober zu. Die Anzeigen der Betriebe von möglicher konjunktureller Kurzarbeit stiegen auf 82.000 Personen. Der "erhebliche Anstieg gegenüber dem September" dürfte laut BA mit den temporären Lieferengpässen in der Automobilindustrie zusammenhängen.

Ausbildungsmarkt erfordert Flexibilität

Die BA legte am Donnerstag zudem Zahlen zum Ausbildungsmarkt vor. Die gemeldeten Lehrstellen und die Zahl der Bewerber bewegten sich demnach in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Der seit Jahren spürbare Rückgang der Bewerberzahlen hat sich somit in diesem Jahr nicht weiter fortgesetzt. Allerdings bleibt dennoch ein Ungleichgewicht bestehen. Auf 100 Lehrstellen kamen nur 80 Bewerber.

Regionale Unterschiede

Nahles beklagte allerdings zunehmende Passungsprobleme. "Es wird zunehmend herausfordernder, Ausbildungssuchende und Betriebe zusammenzubringen", so die BA-Chefin. Hier brauche es nach ihrer Ansicht mehr Bereitschaft zu Kompromissen – auf beiden Seiten. Es müsse daher nicht immer der Traumberuf sein. Anderseits müssten Betriebe auch bereit sein, Bewerber einzustellen, die vielleicht nicht auf den ersten Blick dem erwünschten Profil entsprächen. Besonders schwer falle die Besetzung von Lehrstellen in Lebensmittelberufen, in der Orthopädie- und Rehatechnik, in Bau- und baunahen Berufen, in der Fahrzeugführung, in Metallberufen oder auch in Hotels und Gaststätten. Insgesamt 26.000 Bewerber waren im September noch unversorgt. Ihnen standen 73.000 unbesetzte Lehrstellen gegenüber.

Ein Blick auf die Daten der Bundesländer offenbart derweil die Ursache des Ungleichgewichts. Während in einigen Regionen – etwa in großen Teilen Bayerns – ein Überangebot an Lehrstellen herrscht, fehlen sie andernorts. In einigen Gegenden Ostdeutschlands, in Berlin und im Ruhrgebiet gibt es der BA zufolge ein Unterangebot an Ausbildungsplätzen. Nahles bot an, mit Mobilitätshilfen für junge Leute einzuspringen und so für mehr Ausgeglichenheit zu sorgen.

Fachkräftemangel belastet

Der fehlende Nachwuchs wird für deutsche Unternehmen immer mehr zur größten Herausforderung. Er ist allerdings zugleich auch ein Grund dafür, dass die Arbeitslosigkeit trotz mauer Konjunktur nicht stärker steigt. Die Betriebe halten lieber an ihren Mitarbeitern fest, als in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs Gefahr zu laufen, kein Personal mehr zu finden. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der Förderbank KfW, erwartet für 2024 eine Verschärfung des Fachkräftemangels. "Es sei denn, es gelingt, die Möglichkeiten zur Fachkräftesicherung und Produktivitätssteigerung deutlich stärker auszuschöpfen", so die Ökonomin.

Die Integration von Geflüchteten soll eines der Instrumente sein, um den Mangel zu lindern. Derzeit gebe es in Deutschland rund 400.000 Geflüchtete mit einer guten Bleibeperspektive. Diese erhielten zur Zeit Bürgergeld und erwerben erste Sprachkenntnisse. "Um diese Menschen zügig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, haben wir den Jobturbo gestartet", hieß es aus dem Arbeitsministerium. Die Bundesregierung will damit die Hürden für Geflüchtete am Jobmarkt beseitigen.

Neuer Rekord

Wie das Statistische Bundesamt ebenfalls am Donnerstag mitteilte, stieg die Erwerbstätigkeit zunächst aber weiter an. Mit 46,0 Millionen erreichte sie im September einen neuen Höchststand (siehe Grafik). Der bisherige Höchstwert für Erwerbstätige mit Wohnort in Deutschland von 45,9 Millionen Personen im November 2022 wurde im September 2023 um 134.000 oder 0,3% überschritten. Damit wurde auch erstmals die 46-Millionen-Schwelle erreicht. Saisonbereinigt legte die Zahl der Erwerbstätigen mit 1.000 allerdings nur geringfügig zu. Insgesamt setzt sich somit der langfristige Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt mit sinkender Dynamik fort, hieß es aus Wiesbaden.

Wertberichtigt Seite 2
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