Hohe Lebensmittelpreise verderben Einzelhandel das Geschäft

Die Verbraucherstimmung steigt, doch die Konsumenten üben sich in Zurückhaltung. Das bekommt der deutsche Einzelhandel im März kräftig zu spüren.

Hohe Lebensmittelpreise verderben Einzelhandel das Geschäft

Lebensmittelpreise verderben Einzelhandel das Geschäft

Umsatzminus von 2,4 Prozent im März – Neue Nahrung für Konjunkturpessimisten

ba Frankfurt

Die anhaltend hohe Inflation, insbesondere aber die weiter gestiegenen Nahrungsmittelpreise haben bei den deutschen Einzelhändlern auch im März für ein Umsatzminus gesorgt. Auch wenn sich die Verbraucherstimmung seit Herbst vergangenen Jahres sukzessive bessert, liegt sie – gemessen am GfK-Konsumklima – immer noch deutlich unter dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Selbst die Werte vor Februar 2022, dem Beginn des Ukraine-Kriegs, liegen noch in weiter Ferne. Auch das HDE-Konsumbarometer für Mai spricht eher für Sparen statt Konsum. Schon im ersten Quartal hatte der Privatkonsum das Wachstum der deutschen Wirtschaft belastet. Ökonomen erwarten, dass sich dies im weiteren Jahresverlauf nicht ändert. Zwar sorgt der immer noch robuste Arbeitsmarkt für Rückenwind, doch die Haushalte sind der GfK zufolge nach wie vor verunsichert, vor allem wegen der deutlich höheren Heizkosten. Zudem droht den Arbeitnehmern ein weiteres Jahr mit Reallohneinbußen, da die Inflation die Lohnerhöhungen übersteigen dürfte, wie Ökonomen erwarten. 2022 hatten die Arbeitnehmer Reallohneinbußen von 4,0% im Jahresvergleich zu verkraften – so viel wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe 2008. Das Konsumniveau von 2019 dürfte frühestens 2025 wieder erreicht werden, erwartet Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). „Der Energie- und Nahrungsmittelpreisschock bedeutet damit ein halbes verlorenes Jahrzehnt für die deutschen Konsumentinnen und Konsumenten.”

Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge haben die Einzelhändler kalender- und saisonbereinigt nominal, also nicht preisbereinigt im März 1,3% weniger umgesetzt als im Februar. Real, also preisbereinigt sanken die Erlöse um 2,4%. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hier mit einem Wachstum von 0,4% gerechnet, nachdem es bereits im Februar ein Minus von 0,3% gegeben hatte. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt das deutlich gestiegene Preisniveau im Einzelhandel wider, betonten die Wiesbadener Statistiker. Der Umsatz befinde sich schon länger klar im Abwärtstrend, konstatiert Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Insbesondere der Vorjahresvergleich offenbart die gravierenden Konsumprobleme“, so Krüger. Gegenüber März 2022 fielen die Einzelhandelsumsätze real um 8,6%. Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau verzeichnet Destatis ein Minus von 1,3%.

Stärkstes Minus seit 1994

Im Lebensmittelhandel fielen die Erlöse um 1,1% geringer aus als im Februar. Der Rückgang um 10,3% zum März 2022 war laut Destatis der „stärkste Umsatzrückgang zum Vorjahresmonat seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994”. Ursächlich dürften die „noch einmal deutlich“ teureren Nahrungsmittel sein, die im März 22,3% mehr kosteten als ein Jahr zuvor. „Der Preisauftrieb für Nahrungsmittel war im März damit dreimal so hoch wie die Gesamtteuerungsrate“, betonten die Statistiker. Im April lag die Jahresteuerungsrate nach europäischer Berechnung (HVPI) bei 7,6%, im März waren es 7,8%. Der reale Umsatz im Einzelhandel mit Nichtlebensmitteln sank um 2,3% zum Vormonat. Der lange Zeit boomende Internet- und Versandhandel verzeichnete ein Minus von 4,8%.

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