Deutscher Sozialstaat federt in Wirtschaftskrisen viel ab
Deutscher Sozialstaat federt viel ab
Econpol-Studie zu Sozialsystemen in der EU
ba Frankfurt
In Wirtschaftskrisen federn die Sozialsysteme in Skandinavien und Westeuropa Einkommensverluste der Bürger besonders umfassend ab. Dies zeigt eine Studie des europäischen Forschungsnetzwerks Econpol Europe. „In den süd- und osteuropäischen Staaten hingegen führen Krisen zu deutlich höheren Einkommensverlusten, ebenso in Großbritannien und Irland“, sagte Mathias Dolls, stellvertretender Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. „Die stabilisierende Wirkung der sozialen Sicherungssysteme hängt stark davon ab, wie viele Personen im Fall von Arbeitslosigkeit zumindest zeitweise von der Arbeitslosenversicherung aufgefangen werden“, erklärte Max Lay, Koautor der Studie. Die Abdeckung durch die Arbeitslosenversicherung sei in einigen europäischen Sozialstaaten relativ schwach ausgeprägt. „Gut gestaltete soziale Sicherungssysteme schaffen es, Menschen vor wirtschaftlichen Härten zu schützen und gleichzeitig starke Erwerbsanreize zu setzen“, betonte Dolls.
In der Studie wurden die Auswirkungen verschiedener Wirtschaftskrisen auf die verfügbaren Haushaltseinkommen in den EU-Mitgliedstaaten sowie Großbritannien untersucht. Für jedes betrachtete Land wurde ein Anstieg der Arbeitslosenquote um 5 Prozentpunkte innerhalb von zwei Jahren simuliert – einmal gleichmäßig über die zwei Jahre verteilt und in einer zweiten Variante sprunghaft zu Beginn der Wirtschaftskrise.
Polen ist Schlusslicht
Die Studie zeigt, dass der Sozialstaat in Deutschland zwischen 53 und 63% aller Einkommensverluste abfedert. Dabei gleiche Arbeitslosengeld zwischen 16 und 25% der Einkommensverluste aus. Rund 20% würden durch niedrigere Einkommensteuerzahlungen und 16% durch geringere Sozialversicherungsbeiträge abgepuffert. Die Grundsicherung wiederum fängt dem Ifo-Institut zufolge 1 bis 2% der Rückgänge ab. Im Vergleich der betrachteten Länder bietet das hiesige System im Falle des kontinuierlichen Arbeitslosigkeitsanstiegs den größten Rückhalt, Malta mit 24% den niedrigsten. Beim sprunghaften Anstieg liegen mit je 73% Belgien und Frankreich vorn, Polen mit 29% – für beide untersuchten Varianten – ist das Schlusslicht.
Für Frankreich liegt die Spanne zwischen 38 und 73%. In Dänemark liegt der Wert zwischen 52 und 69%. In Belgien gleicht der Sozialstaat zwischen 52 und 73% der Einkommensverluste aus. Großbritannien kommt lediglich für 30 bis 33% der Ausfälle bei Wirtschaftskrisen auf. In Italien sind es rund 43%.