Deutschland fehlen 540.000 Fachkräfte
ast Frankfurt
Nahezu täglich gibt es Nachrichten zum Fachkräftemangel in Deutschland. In einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fehlen hierzulande mehr als eine halbe Million Fachkräfte. Wie das arbeitgebernahe Institut berichtet, mangelt es insbesondere in Berufen mit ungleichen Geschlechterverhältnissen an Fachkräften. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) meldete jüngst für das zweite Quartal mehr als 1,93 Millionen unbesetzte Stellen – so viele wie nie zuvor.
Die Kölner Ökonomen des IW haben sich die offenen Stellen nun genauer angeschaut: Der Studie zufolge fehlten im Zwölf-Monats-Durchschnitt von Juli 2021 bis Juli 2022 über alle Berufe hinweg in Deutschland fast 540000 qualifizierte Arbeitskräfte. Allein in der Sozialarbeit und -pädagogik würden 20600 Arbeitskräfte gebraucht. In der Kinderbetreuung waren 20000 Stellen nicht besetzt. Im Handwerk fehlten insgesamt 87000 Fachkräfte. Besonders in der Bauelektrik, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie in der Kraftfahrzeugtechnik suchen Betriebe händeringend Mitarbeiter.
In fünf der zehn besonders betroffenen Berufe liegt der Frauenanteil mit mindestens 76,6% sehr hoch. In den anderen fünf ist der Männeranteil besonders hoch, gerade in Handwerksberufen. „Bei der aktuellen Fachkräftesituation ist es fatal, wenn Geschlechterklischees den Pool an Bewerberinnen und Bewerbern noch weiter einschränken“, erklärt Studienautorin Filiz Koneberg. „Unternehmen müssen die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe kennenlernen. Eine gendergerechte Ansprache und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie helfen, beide Geschlechter anzusprechen.“ Koneberg empfiehlt, früh in die berufliche Orientierung zu investieren – in Verbindung mit entsprechenden Rollenvorbildern.
Der Fachkräftemangel ist auf einem Allzeithoch: Im Juli waren laut Ifo-Institut 49,7% der Unternehmen beeinträchtigt. Der bisherige Rekord aus dem April (43,6%) wurde deutlich übertroffen. „Mittel- und langfristig dürfte dieses Problem noch schwerwiegender werden“, sagt Ifo-Arbeitsmarktexperte Stefan Sauer. Denn: In den kommenden Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente.