Deutschland mit Rekordüberschuss
arp Frankfurt – Der deutsche Staat schwimmt im Geld. Der Haushaltsüberschuss von Bund, Ländern, Kommunen sowie der Sozialversicherung summiert sich in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 48,1 Mrd. Euro, was 2,9 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entspricht. Einnahmen von 761,8 Mrd. Euro standen Ausgaben von 713,7 Mrd. Euro entgegen. Dies geht aus Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervor. Nimmt man den prozentualen Anteil des BIP, dann erzielte der Staat laut einer bis 1991 zurückreichenden Zeitreihe zuletzt im zweiten Halbjahr 2000 ein ähnliches Plus. Damals fiel der Überschuss in absoluten Zahlen mit 28,8 Mrd. Euro zwar deutlich niedriger aus, entsprach aber 2,7 % des BIP. Hochrechnung nicht möglich”Die Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung konnten damit weiter von einer günstigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie einer moderaten Ausgabenpolitik profitieren”, erläuterte Destatis den Überschuss, der in dieser Höhe in einem ersten Halbjahr noch nicht erzielt wurde. Allerdings warnen die Statistiker, dass sich die Ergebnisse des ersten Halbjahres nicht zwingend auf die zweiten sechs Monate hochrechnen lassen. Für die Warnung spricht, dass sich die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 relativ lange hinzog und so die Investitionen der öffentlichen Hand gerade in den ersten drei Monaten so niedrig waren, dass sie sogar dämpfend auf das BIP gewirkt haben. Gegen die Warnung spricht eine nach wie vor robuste wirtschaftliche Expansion. So wuchs die deutsche Wirtschaft auch im zurückliegenden zweiten Quartal um 0,5 %, wie das Statistische Bundesamt ebenfalls am Freitag bestätigte (vgl. Bericht auf dieser Seite). Auch die Frühindikatoren wie der am vergangenen Donnerstag veröffentlichte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit (vgl. BZ vom 24. August) deuten darauf hin, dass die Wirtschaft im laufenden dritten Quartal in gleicher Größenordnung zulegen sollte. Die gute Konjunktur, gekoppelt mit einer stetig sinkenden Arbeitslosigkeit, führt zu höheren Steuer- und Beitragseinnahmen. Gleichzeitig entlastet die Nullzinspolitik der EZB, an der bis über den Sommer des kommenden Jahres hinaus festgehalten werden soll, auf der Ausgabenseite. So markiert das erste Halbjahr 2018 zwar einen Rekord, verfestigt aber auch einen Trend. Denn bereits seit 2014 schreibt die öffentliche Hand schwarze Zahlen von – wie beim Tiefststand aus dem zweiten Halbjahr 2014 – mindestens 0,2 % des BIP.In den zurückliegenden sechs Monaten trugen alle staatlichen Ebenen zum positiven Saldo bei. Der Bund hatte mit rund 19,5 Mrd. Euro den größten Finanzierungsüberschuss, gefolgt von den Ländern (13,1 Mrd. Euro), den Sozialversicherungen (9,0 Mrd. Euro) und den Kommunen (6,6 Mrd. Euro).Gregor Eder, Volkswirt bei der Allianz, hält den Haushaltsüberschuss im ersten Halbjahr für “sehr erfreulich”. Gleichwohl sieht er keine “großen Spielräume für Begehrlichkeiten”. Eder verweist nicht nur auf das künftig moderatere Wachstum der deutschen Wirtschaft, sondern insbesondere auch auf die Vorhaben der großen Koalition.”Erstmals seit 2013 dürften die Staatsausgaben schneller ansteigen als die Einnahmen”, so Eder mit Blick auf die geplante Grundrente, die Ausweitung der sogenannten Mütterrente und die Anhebung des Kindergeldes zur Jahresmitte 2019. Die Staatsausgaben werden 2019 voraussichtlich schneller wachsen als das nominale Bruttoinlandsprodukt, so Eder, der einen deutlichen Anstieg der Staatsquote von derzeit 44,0 % auf dann 44,4 % prognostiziert. Steuererhöhung dementiertDerweil hat das Finanzministerium einen Bericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” dementiert, wonach Minister Olaf Scholz offen für eine Erhöhung der Steuern und der Beiträge zur Alterssicherung ist, um das Rentenniveau zu stabilisieren. Scholz hatte vorgeschlagen, das Rentenniveau bis zum Jahr 2040 stabil zu halten. Die Union und mehrere Ökonomen lehnten den Vorstoß als nicht finanzierbar ab.