Deutschland zieht mehr Auslandsinvestitionen an

Beliebtester Standort in Europa - Hohe Arbeitskosten belasten - Ernst & Young warnt vor Zerreißprobe

Deutschland zieht mehr Auslandsinvestitionen an

ge Berlin – Während europaweit im Vorjahr weniger große Auslandsinvestitionen gezählt wurden, engagierten sich in Deutschland mehr Investoren von jenseits der Grenze. Damit ist das Land weiter der Topstandort auf dem alten Kontinent, weltweit übertroffen nur von den USA und den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China. Wie eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young zur Attraktivität des Wirtschaftsraums Europa weiter ergab, legte die Anziehungskraft Deutschlands als Investitionsstandort weiter zu – was vor allem chinesische Unternehmen schätzen, die 2012 rund 38 % aller Investitionen in Europa hierzulande tätigten. Seit 2005 hätten Firmen aus dem Reich der Mitte etwa 230 Investitionsprojekte in der Bundesrepublik durchgeführt und dabei 3 700 Arbeitsplätze geschaffen, addierte Ernst & Young weiter. “Während Europa leidet, strahlt Deutschlands Stern als Topstandort immer heller. Das birgt erheblichen Sprengstoff und droht Europa vor eine Zerreißprobe zu stellen”, warnt Peter Englisch, Partner bei den Beratern.Auch wenn die Zustimmungswerte ausländischer Unternehmer für die deutsche Standortpolitik zuletzt von 28 auf 39 Prozentpunkte im Saldo positiver zu negativen Urteilen gestiegen sind, zeigen sich doch auch kritische Aspekte. So ist die Wertschätzung der bislang guten Infrastruktur inzwischen rückläufig, was sich mit der deutlichen Warnung der Bauindustrie deckt (vgl. Seite 9). Heftig moniert werden daneben die hohe Unternehmensbesteuerung, das unflexible Arbeitsrecht und die hohen Arbeitskosten. Immerhin verzeichnete Deutschland aber in den Jahren 2001 bis 2011 mit 19 % den mit Abstand geringsten Anstieg der Arbeitskosten aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union, relativiert Ernst & Young. Um den Vorteil zu halten, müsse jedoch mehr in Bildung und Ausbildung investiert werden sowie in Forschung und Entwicklung, mahnt Englisch.Wichtigster Investitionsstandort in Europa ist mit 697 Vorhaben unverändert Großbritannien, gefolgt von Deutschland mit rekordhohen 624 Auslandsprojekten. Da kleinere Vorhaben realisiert wurden, ging die Zahl neuer Stellen aber zurück. Frankreich, bis 2010 noch das zweitbeliebteste Land, verlor auch 2012 weitere 13 % auf inzwischen nur noch 471 Investitionsvorhaben. Die Topstellung Großbritanniens – trotz schwächerer Zustimmungswerte und Konjunktur – erklärt Ernst & Young mit der (auch sprachlichen) Nähe zu den USA, dem mit Abstand größten Investor in Europa mit 1 045 Projekten. Als Nummer 2 folgt Deutschland mit 406 Auslandsinvestitionen.Wie in Europa insgesamt, sind die USA auch hierzulande der größte Investor mit 132 Vorhaben. Nach der Schweiz (91 Projekte) und Großbritannien (54) folgt China (46) als viertgrößter Auslandsinvestor.Weltweit behauptet sich das Reich der Mitte als attraktivster Investitionsstandort, zeigt die Unternehmerbefragung weiter. Trotz der Euro-Krise legte die Region Westeuropa in der Zustimmung zu und liegt nun deutlich vor den USA, denen Mittel- und Osteuropa dicht auf den Fersen ist. Beim Länderranking folgen Brasilien und die USA mit merklichen Abstand China (siehe nebenstehende Grafik). Die Liste der attraktivsten Metropolen weltweit führt London vor New York und Shanghai an. Als bestplatzierte deutsche Städte teilen sich Frankfurt und Berlin den zehnten Rang mit Mumbai und Tokio.