Deutschlands Kreditwürdigkeit verträgt auch höhere Defizite
Deutschlands Kreditwürdigkeit verträgt auch höhere Defizite
Ratingagentur zum fiskalischen Spielraum für Investitionen
lz Frankfurt
Trotz der anstehenden zusätzlichen Ausgaben für Bundeswehr und Infrastruktur dürfte Deutschland sein Triple-A-Rating erhalten bleiben. Das stellten Analysten der Ratingagentur Scope in einem Webinar klar. Höhere Rüstungsinvestitionen dienten allgemein der Sicherheit, und die Steigerung der öffentlichen Investitionen würde das Wachstum und die ökonomische Basis stärken, betonten Alivse Lennkh-Yunus, Eiko Sievert und Julian Zimmermann. Der „fiskalische Spielraum“ sei angesichts der aktuell recht niedrigen Verschuldung von um die 60% der Wertschöpfung und der investiven Art der neuen Ausgaben für Deutschland größer als in anderen Industrieländern, sagte Sievert.
EU-Vehikel für höhere Rüstungsausgaben?
Die Analysten sehen auch keinen großen Unterschied, ob die höhere Verschuldung auf eine Reform der Schuldenbremse zurückzuführen wäre oder auf ein neu aufgelegtes Sondervermögen. Ein Teil der zusätzlichen Ausgaben für die Bundeswehr könnte auch über die EU und gemeinschaftliche Verschuldung finanziert werden, führte Lennkh-Yunus aus. Das würde für Deutschland tendenziell zwar eine etwas höhere Zinsbelastung bringen, allerdings profitiere Berlin dann auch von gemeinschaftlichen Strukturen. Und weil die höheren Verteidigungslasten wohl auf längere Zeit beibehalten werden müssten, sollten sie künftig ohnehin in den laufenden Bundeshaushalt integriert werden, stellte er klar. Welche Variante man wähle, so Lennkh-Yunus, sei letztlich eine politisch-europäische Frage wegen der geopolitischen Entwicklungen. Zudem hält er es für sinnvoll, dass bei einer europäischen Finanzierung auch Norwegen und Großbritannien integriert werden.
Mehr Zuwanderung notwendig
Insgesamt zeichnet Scope ein wenig schmeichelhaftes Bild des deutschen Wirtschaftsstandorts. Die Ratinganalysten verwiesen auf die überfällige Senkung von Energie- und Arbeitskosten sowie Steuern, um Investitionen zu fördern. Eine Minderung des Steuersatzes um 5 Prozentpunkte erhöhe das Wachstum etwa um 1 Prozentpunkt.
Darüber hinaus braucht es nach Ansicht von Sievert vor allem Anpassungen bei der Migrationspolitik: „Zuwanderung zu begrenzen ist das falsche Signal für eine Wirtschaft, die demografisch mit immer weniger Erwerbstätigen auskommen muss.“ Die jüngste Debatte habe die Attraktivität der Bundesrepublik als Zielland eher verschlechtert. Stattdessen müsse man mehr an der Integration arbeiten.
Ergänzende Berichterstattung: Datenraum zur Investitionsschwäche