EUROPAPOLITIK

Die AKK-Vision

Annegret Kramp-Karrenbauer hat recht: Was die EU in den Augen der Bürger vermissen lasse, schreibt die CDU-Vorsitzende in ihren am Wochenende veröffentlichten europapolitischen Vorstellungen, seien "Klarheit, Orientierung und Handlungsfähigkeit zu...

Die AKK-Vision

Annegret Kramp-Karrenbauer hat recht: Was die EU in den Augen der Bürger vermissen lasse, schreibt die CDU-Vorsitzende in ihren am Wochenende veröffentlichten europapolitischen Vorstellungen, seien “Klarheit, Orientierung und Handlungsfähigkeit zu wesentlichen Fragen der Zeit”. Was AKK daraus dann aber ableitet, ist überraschend: Statt die Handlungsfähigkeit der europäischen Institutionen zu verbessern und klarere Entscheidungsstrukturen zu verlangen, pocht sie auf eine Rückbesinnung auf die Nationalstaaten. Diese stiften ihrer Ansicht nach die demokratische Legitimation und eine Identifikation in Europa.Doch wie soll eine Aufwertung von intergouvernementalen Entscheidungen zur gleichberechtigten Säule neben der Gemeinschaftsmethode denn die allseits geforderte außen- und sicherheitspolitische Schlagkraft der EU erhöhen? Ist es nicht vielmehr so, dass dies eine Schwächung der europäischen Institutionen und damit auch der EU insgesamt im globalen Machtgefüge zwischen China, den USA und Russland bedeutet?Es geht hier nicht um eine “moralische Überlegenheit”, die die EU-Institutionen für sich beanspruchen wollen, und auch nicht um einen “europäischen Superstaat”, vor dem die neue starke Frau der Christdemokraten warnt. Es geht um funktionierende, transparente Entscheidungsprozesse im Inneren und eine geschlossene Vertretung nach außen. Das Zurückdrehen des europäischen Einigungsprozesses hilft dabei wenig.Die Europa-Vision Kramp-Karrenbauers enthält gleich mehrere Tritte gegen das französische Schienbein – was bemerkenswert ist, gelten ihre Ausführungen ja als Antwort auf den jüngsten flammenden Appell Emmanuel Macrons zur Erneuerung der EU. Da holt AKK noch einmal die alten Forderungen nach einer Konzentration des EU-Parlaments auf den Standort Brüssel und einem EU-Sitz im Uno-Sicherheitsrat aus der Schublade. Anders gesagt: Frankreich soll gefälligst Straßburg als Parlamentssitz aufgeben und seinen eigenen Sitz im Uno-Sicherheitsrat opfern. Kompensation: keine. “Europa richtig machen”, fordert die CDU-Chefin. Wer es nicht richtig macht, muss gar nicht erst ausgesprochen werden.Damit entlarvt Kramp-Karrenbauer auch noch einmal das ganze Getöse um den deutsch-französischen Motor der EU, der angeblich wieder mit voller Kraft läuft, als das, was es ist: reine Symbolpolitik. Inhaltlich liegen Berlin und Paris in vielen wichtigen Fragen weit auseinander. Von AKK sollte Macron keine großen Zugeständnisse erwarten.