Die Griechenland-Lehren für die Coronahilfen

Sonderbericht listet zahlreiche Mängel früherer ESM-Programme auf - Athen spart Milliarden bei Zinsen

Die Griechenland-Lehren für die Coronahilfen

ahe Brüssel – Griechenland hat im Haushaltsjahr 2019 durch die mittlerweile ausgelaufenen milliardenschweren Hilfsprogramme Zinszahlungen für seinen Schuldendienst in Höhe von 14,1 Mrd. Euro gespart. Dies geht aus dem Jahresbericht des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hervor, der gestern veröffentlicht wurde. Die Einsparungen, die auf die niedrigen Zinssätze der vergebenen Kredite zurückzuführen sind, entsprachen demnach 7,5 % des griechischen Bruttoinlandsprodukts – so viel wie nie zuvor seit Beginn der Hilfsprogramme.Ein Sonderbericht zu den Griechenland-Programmen des ESM und des Vorläufers EFSF, der unter der Führung des früheren EU-Kommissionsvizes und Wettbewerbskommissars Joaquín Almunia erstellt und ebenfalls gestern veröffentlicht wurde, listet allerdings zahlreiche Mängel in Hilfspaketen auf, die sich bis August 2018 auf weit über 200 Mrd. Euro summierten. Der Spanier verwies darauf, dass die Gelder der griechischen Wirtschaft zwar geholfen hätten, sich zu stabilisieren und zu wachsen, – trotz des gegenwärtigen Schocks – und dass die Mittel Griechenland in der Eurozone gehalten hätten. Gleichzeitig hätten das Land und seine Bürger aber unter den Folgen einer achtjährigen wirtschaftlichen Anpassung gelitten, so Almunia. Und die sozialen Bedürfnisse der Menschen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.In dem Sonderbericht wird unter anderem das Design der Programme kritisiert, in denen die systematische Entwicklung strategischer Ziele und langfristiger Perspektive fehlte. Hinzu komme, dass das Wachstum zu wenig gefördert worden sei. “Die finanzielle Konsolidierung hat das Wachstum untergraben, das nötig ist, um das Verhältnis von Schulden zum Bruttoinlandsprodukt wesentlich zu verbessern”, heißt es in dem 170 Seiten langen Bericht.In diesem Zusammenhang wird auch die längerfristige makroökonomische Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit in Frage gestellt, die nicht systematisch und energisch verfolgt worden sei. Die langfristigen Wachstumsaussichten Griechenlands seien aufgrund nur langsamer Verbesserungen bei Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit sowie unvollständig umgesetzter Reformen auch heute verhalten.Kritisch sieht Almunia außerdem die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen. Unterschiedliche Mandate und Ansätze hätten dazu beigetragen, dass die wichtigsten Strategien und Ziele nicht gemeinsam verstanden wurden, hieß es. Den ESM-Gremien wurde in dem Bericht empfohlen, künftig die Programmsteuerung zu verbessern, indem klare Erwartungen und Anweisungen festlegt werden. Das Fehlen einer gemeinsamen Diagnose der griechischen Probleme habe auch zu einer schwachen Eigenverantwortung beigetragen und die Chancen auf einen dauerhaften Erfolg verringert.ESM-Chef Klaus Regling sagte gestern, man werde aus dem Bericht die richtigen Lehren für die künftige Arbeit ziehen. An den europäischen Coronahilfen ist der Eurorettungsschirm mit einem Kreditprogramm in Höhe von bis zu 240 Mrd. Euro beteiligt. Konkrete Anträge hierfür hat bislang kein EU-Mitgliedstaat gestellt.