Die komplexe Welt der Besteuerung

Von Archibald Preuschat, Frankfurt Börsen-Zeitung, 11.5.2019 Über Steuern wird in diesen Wochen munter diskutiert. So wirbt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für eine internationale Mindestbesteuerung, deren Umsetzung er im Rahmen der...

Die komplexe Welt der Besteuerung

Von Archibald Preuschat, FrankfurtÜber Steuern wird in diesen Wochen munter diskutiert. So wirbt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für eine internationale Mindestbesteuerung, deren Umsetzung er im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD schon im nächsten Jahr für möglich hält.Hört man den Steuerexperten Victoria Perry, Alexander Klemm und Shafik Hebous des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei ihrem Gastvortrag am Safe-Institut im House of Finance der Frankfurter Goethe-Universität zu, dann mag man den Zeitplan des Ministers für überaus ambitioniert halten.Zwar sei das “Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting” – kurz BEPS, schon “ein wichtiger Schritt nach vorne”, sagt Perry. Immerhin diskutieren jetzt unter Federführung der OECD und der G20-Staaten 125 Länder darüber, wie das Verschieben von Gewinnen in Steueroasen unterbunden werden kann. Aber schon der etwas sperrige Begriff zeigt mehr als deutlich, wie komplex eine weltweit gerechte Verteilung von Unternehmenssteuern denn wirklich ist. Auf die Frage, wie sich das globale Steuersystem in den kommenden fünf, zehn Jahren entwickeln wird, hatte Perry eine einfache aber wenig befriedigende Antwort: “Ich weiß es nicht, wir werden sehen, wie sich das entwickelt.”Zwar stellte IWF-Experte Hebous alternative Modelle vor: Unter anderem eine auf dem Herkunftsland basierende Steuer auf den Cash-flow, die wirksam gegen die Verschiebung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen ebenso wie gegen den internationalen Wettkampf mit niedrigen Steuern schützt. Aber Hebous schaut ernüchtert aus, als er eine Folie auflegt, aus der hervorgeht, dass eine gesetzliche Implementierung überaus schwierig wäre – er vermeidet das Wort “unmöglich”. Es sei einfacher, Handelspolitik zu machen – und das will in diesen Zeiten schon was heißen. Denn dort könne man sich auf ein Langfristziel einigen, nämlich den Wegfall von Zöllen und den freien Warenhandel, so die IWF-Experten.In der globalen Steuerpolitik gebe es indes – wenn überhaupt – nur wenige wirtschaftliche Prinzipien, auf die man sich in der Weltgemeinschaft einigen könne. Hinzu kommt, dass jede Neuordnung der weltweiten Unternehmensbesteuerung Gewinner aber auch Verlierer hervorbringen werde. Noch mehr Verlierer schaffen aber Alleingänge einzelner Staaten. So sieht Klemm durch die in einigen Ländern eingeführte Digitalsteuer schon die Gefahr einer “Doppel-, wenn nicht Dreifachbesteuerung”. Und Doppelbesteuerung sei schon komplex.—-Eine Neuordnung des globalen Steuersystems ist schwierig. Es wird auch Verlierer geben.—-