HISTORISCHER EU-GIPFEL

Die Modernisierung des EU-Budgets fällt weitgehend aus

Siebenjähriger Finanzrahmen ab 2021 steht - Höhere Rabatte für die "sparsamen vier" - Deutsche Beiträge für Brüssel werden steigen

Die Modernisierung des EU-Budgets fällt weitgehend aus

ahe Brüssel – Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf einen neuen Mittelfristigen Finanzrahmen (MFR) von 1,074 Bill. Euro verständigt und damit das Volumen aus den jüngsten Vorschlägen von Ratspräsident Charles Michel nicht mehr verändert. Der MFR umfasst das Geld für den EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027. Die EU-Kommission hatte ursprünglich schon vor gut zwei Jahren einen rund 60 Mrd. Euro höheren MFR von 1,135 Bill. Euro vorgeschlagen, was 1,114 % des europäischen Bruttonationaleinkommens (BNE) entsprach. Das EU-Parlament, das auch dem jetzigen Kompromiss der Mitgliedstaaten noch zustimmen muss, hatte sogar ein noch deutlich höheres Volumen von 1,3 % des BNE gefordert.Der siebenjährige Budgetrahmen ist der erste ohne Beiträge aus Großbritannien. Haushaltspolitiker aus der Kommission und dem Parlament hatten gefordert, im Zuge der Neuaufstellung des Etats nach dem Brexit auch eine deutliche Modernisierung vorzunehmen und vor allem die Ausgaben für die traditionellen Bereiche Agrar und Strukturfonds zugunsten neuer Prioritäten herunterzufahren. Die Agrar- und die Kohäsionspolitik bleiben im Etat aber auch in den nächsten Jahren die mit Abstand wichtigsten Bereiche (siehe Grafik).Friedrich Heinemann, Experte vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, kritisierte, der Kompromiss sei “eine Niederlage für den Kampf für einen höheren europäischen Mehrwert im EU-Haushalt”. Erneut habe sich gezeigt, dass es schwierig sei, Projekte mit “europäischem Mehrwert” gegen die nationalen Regierungen und ihr Interesse an den EU-Projekten im eigenen Wahlkreis durchzusetzen. Ausgerechnet dort, wo Europa seine Kräfte bündeln könne, gebe es keinen Rückhalt. Echte europäische Gemeinschaftsaufgaben müssten dagegen zurückstecken.Erhalten bleiben hingegen die Rabatte bei der Beitragszahlung, die die EU-Kommission und auch das Europäische Parlament eigentlich im Zuge des Brexit hatten abschaffen wollen. Deutschland erhält mit jährlich 3,67 Mrd. Euro die weitaus größten Rabatte. Die anderen Profiteure sind die “sparsamen vier”, bei denen die Rabatte nach den harten Verhandlungen auf dem Gipfel noch in letzter Minute kräftig aufgestockt wurden. Gegenüber dem letzten Vorschlag vor Gipfelbeginn erhöhte sich der Jahresrabatt für Dänemark um 180 auf 377 Mill. Euro, für die Niederlande um 345 auf 1921 Mill. Euro, für Österreich um 328 auf 565 Mill. Euro sowie für Schweden um 271 auf 1 069 Mill. Euro.Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), verwies darauf, dass für die Nettozahler, besonders für Deutschland, das im Unterschied zu den “sparsamen vier” keine Erhöhung seines Rabattes durchgesetzt habe, die EU-Mitgliedschaft mit dem jetzigen Kompromiss zum Haushalt und zum Wiederaufbaufonds teurer werde. Ungefähr ein Fünftel der Zuwendungen dürfte von Deutschland netto finanziert werden, also knapp 80 Mrd. Euro, so Felbermayr. “Es ist fraglich, ob die EU-Mitgliedschaft dadurch für Deutschland auch wirklich wertvoller wird.”Zahlen zum genauen deutschen EU-Nettobeitrag für die kommenden Jahre waren gestern noch nicht zu erhalten. In Regierungskreisen hieß es allerdings, die jährliche Mehrbelastung für Deutschland werde brutto bei etwa 10 Mrd. Euro liegen. Dies bedeute einen Jahresbeitrag von brutto etwa 40 Mrd. Euro.Deutschland ist nach absoluten Zahlen der mit Abstand größte Beitragszahler in der EU vor Frankreich, Italien und Spanien. Ostdeutschland soll den Gipfelvereinbarungen zufolge eine Sonderzahlung von 650 Mill. Euro aus dem EU-Strukturfonds für sogenannte Übergangsregionen erhalten, der regionale Entwicklungen angleichen soll.