Die Zukunft für Wagniskapital kommt via Staatsfonds
Von Angela Wefers, Berlin Die Wirtschaft macht Druck auf die Bundesregierung, ihre Ankündigung in die Tat umzusetzen: die Beteiligungsfinanzierung junger Unternehmen hierzulande zu verbessern. Das Projekt trägt den Titel “Zukunftsfonds für Wagniskapital” und liegt in der Hand von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Sein Parteifreund Carsten Linnemann, Vizefraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag und Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, rief die Bundesregierung in der vergangenen Woche zu mehr Tempo auf.Der Zukunftsfonds und weitere Erleichterungen für Start-ups sollen in Gang gesetzt werden. Gründer brauchten ein “deutliches Signal”, dass Deutschland in der ersten Liga der Start-up-Standorte mitspielen wolle, konstatierte Linnemann. Gegenüber den USA, China oder auch anderen europäischen Ländern sei Deutschland bei der Start-up-Förderung bereits ins Hintertreffen geraten. Einen Tag später legte der Digitalverband Bitkom nach. Der Zukunftsfonds zur Start-up-Finanzierung müsse “endlich zu einem Abschluss kommen”, forderte Präsident Achim Berg.Das Bundeskabinett hat den Zukunftsfonds bereits im November im Kabinett beschlossen. Die Entscheidung dafür war kurz zuvor im Koalitionsausschuss gefallen, aber neben der Grundsatzeinigung über die heftig umstrittene Grundrente öffentlich mehr oder weniger untergegangen. Neben dem Zukunftsfonds beschloss das Gremium auch, die Bedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu verbessern. Ideen wandern ins Ausland Die Bedarfsanalyse ist nicht neu. In Deutschland haben Unternehmen vor allem nach der Gründung in der späteren Wachstumsphase (Later Stage) besonderen Finanzierungsbedarf, der hierzulande nicht gestillt wird. Deutsche Tech-Innovationen wandern ab, stellte Bitkom in einem Positionspapier fest, da große Finanzierungsrunden von 50 Mill. Euro an meist von ausländischen Kapitalgebern angeführt oder gar ausschließlich getragen würden. Deutsche Wagniskapitalfonds für Finanzbedarf in dieser Größenordnung seien rar. Der Digitalverband hält dies volkswirtschaftlich für problematisch: In frühen Unternehmensphasen mit hohem Ausfallrisiko engagierten sich hiesige Investoren und der Staat. Finanzierungsrunden für erprobte Technik und erfolgreiche Geschäftsmodelle würden vor allem aus Nordamerika und Asien bedient.Im Wirtschaftsministerium wird derzeit nach eigenem Bekunden “mit Hochdruck” an der konkreten Ausgestaltung des Fonds gearbeitet. Damit soll das Förderinstrumentarium zur Unterstützung innovativer Start-ups weiterentwickelt werden (siehe Kasten). Allzu viele Details wollte das Haus noch nicht preisgeben. Absehbar ist aber bislang, dass der Zukunftsfonds als Dachfonds in andere Venture-Capital-Fonds (VC-Fonds) investieren wird. Starten soll der Fonds mit 1 Mrd. Euro, und er soll bis auf 10 Mrd. Euro ausgebaut werden. Der Horizont ist auf zehn Jahre angelegt. Vor allem soll privates Kapital institutioneller Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherer angeworben werden. Die Niedrigzinsphase zwingt dort zum Umdenken und beflügelt die Suche nach rentierlichen Anlagemöglichkeiten. Um dieses Engagement zu erleichtern, wird ein sogenanntes Wasserfallmodell ventiliert. Dafür würde der Staat 40 % der Junior-Anleihen halten, private Investoren 60 % der Senior-Anleihen. Versicherer als Investoren könnten über das auf diese Weise minimierte Ausfallrisiko mit weniger hinterlegtem Eigenkapital auskommen als bei herkömmlichen Wagniskapitalfinanzierungen. Hinter dem Wasserfallmodell steht auch der Bitkom, da es die besten Aussichten verspricht, beihilferechtlich zu bestehen. Der Bitkom macht sich zudem für Bedingungen stark, um die Later-Stage-Finanzierungen zu begünstigen. Dazu soll der Zukunftsfonds in VC-Fonds mit einem gewissen Mindestvolumen investieren oder bevorzugt in VC-Fonds, die ihren Fokus auf die Wachstumsphase legen. Vorbild Dänemark Ventiliert wird offensichtlich das dänische Modell “Dansk Vækstkapital”, das die Münchner Start-up-Spezialistin und designierte Wirtschaftsweise Monika Schnitzer für Deutschland ins Spiel gebracht hatte (vgl. BZ vom 5.5.2019). Es beruht auf zwei Finanzierungssäulen.Zum einen leihen Pensionskassen dem staatlichen Fonds Geld und erhalten dafür eine feste Verzinsung. Die Mittel fließen in den Dachfonds. Zum anderen investieren die Pensionskassen Mittel direkt in den Dachfonds. Linnemann ist zuversichtlich, dass der Staatsanteil im Laufe der Jahre zurückgeführt werden kann, wie es sich ebenfalls am Beispiel Dänemarks gezeigt hat. Dann würde sich auch eine weitere Forderung von Bitkom erübrigen: dass der Fonds ausschließlich nach den privatwirtschaftlichen Maßstäben von Risiko sowie Rendite investiert – und frei von politischem Einfluss bleibt.