Die Zukunft war früher auch besser
Robert de Niro hat es endlich einmal ausgesprochen. Oder besser gesagt: Ben Whittaker. Denn so heißt de Niro in der Filmkomödie “Man lernt nie aus”. Und ebendieser Whittaker wird von seiner Chefin Jules Ostin (alias Anne Hathaway) nach seinem Lebensmotto gefragt. “Es ist nie falsch, das Richtige zu tun.” Auf die Rückfrage, ob dieser Spruch von ihm stamme, antwortet er: “Ja. Aber Mark Twain hat’s sicher schon vor mir gesagt.”Ja, wahrscheinlich hat er das. Wahrscheinlich gibt es so gut wie keine kalauerhafte Bemerkung, die nicht längst schon einmal von Mark Twain formuliert worden ist. Oder von Oscar Wilde. Oder von Karl Valentin.Das Trio Twain, Wilde und Valentin findet man nämlich – und zwar mit weitem Abstand vor Nostradamus, Konfuzius oder Goethe – inflationär häufig auf den Rückseiten von Tagesabreißkalendern. Albernheiten, Neunmalklugheiten, Bonmots – egal welches Thema, es scheint, als habe entweder Twain, Wilde oder Valentin dazu bereits etwas bramarbasiert.Bei den drei wortgewaltigen Sprücheklopfern wird man übrigens auch fündig, wenn man sich auf die Suche nach einer anschaulichen Beschreibung der aktuellen Lage in der deutschen Kreditwirtschaft macht.Bei Oscar Wilde etwa heißt es: “Die Grundlage des Optimismus ist blanke Angst.” Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man derzeit manche Banker über das nächste Jahr sprechen hört. Bei Mark Twain ist die Bemerkung zu finden: “Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.” Dieser Satz schießt einem schnell in den Kopf, wenn man dieser Tage mit Bankern über ihre Bemühungen spricht, das eigene Geschäft digital zu transformieren. Und bei Karl Valentin ist zu lesen: “Die Zukunft war früher auch besser.” Ein Zitat, das wie die kunstvolle Übersetzung einer Warnung von BaFin-Chef Felix Hufeld wegen der Belastungen durch Corona erscheint: “Das dicke Ende steht noch aus.”Aber: Dass auf die deutsche Kreditwirtschaft in Zeiten von Corona schwierige Jahre zukommen, ist nun wirklich keine Neuigkeit – und daher auch kein Grund, deswegen bereits den Abgesang auf die Bankenbranche einzuläuten. Die ist ja bekanntermaßen krisenerprobt.Na klar, die Zahl der Angestellten in der Kreditwirtschaft sinkt. Interessanterweise aber in langsamerem Tempo. Lag das Minus 2017 noch bei 3,8 %, so waren es ein Jahr später 2,5 % und voriges Jahr 1,7 %. Wenn man Personalberater fragt, dann sind Banker durchaus gesucht. Zumindest gibt es eine rege Nachfrage nach Fachleuten für Regulatorik, also “Compliance-Bankern”, ebenso wie nach IT-Fachkräften sowie Prozess- und Schnittstellenmanagern. Und schließlich ergibt sich ja gerade wegen Corona Zusatzbedarf, etwa für Restrukturierungsberatung im Corporate Finance oder in der Kreditabwicklung. Kurzum: Selbst die Krise bedeutet eine Chance. Das freilich ist eine Binsenweisheit, die viel zu plump ist, als dass sie Mark Twain, Oscar Wilde oder Karl Valentin der Erwähnung wert gewesen wäre.