Dienstleister bremsen Euro-Wirtschaft
Dienstleister bremsen Euro-Wirtschaft
Einkaufsmanagerindex signalisiert beschleunigte Talfahrt – Sentix-Barometer zeigt Stimmungsaufhellung
Die Unternehmensstimmung im Euroraum trübt sich im Oktober weiter ein, während der Blick der Börsianer auf die Euro-Konjunktur im November zumindest etwas besser ausfällt. Entwarnung gibt aber auch das Sentix-Konjunkturbarometer nicht. Die Euro-Wirtschaft wird wohl auch im vierten Quartal schrumpfen.
ba Frankfurt
Die Euro-Wirtschaft setzt vor allem wegen der deutlichen Stimmungseintrübung im Dienstleistungssektor im Oktober ihre Talfahrt fort – mit nochmals höherem Tempo. Im Gegensatz dazu zeigen sich Börsianer mit Blick auf die Konjunktur im gemeinsamen Währungsraum positiver gestimmt als zuletzt. Auch wenn die Lagewerte des Sentix-Konjunkturbarometers im rezessiven Bereich verharren, so haben die Erwartungswerte doch merklich zugelegt, wie das Analysehaus am Montag mitteilte. "Kleiner Lichtblick, aber keine Entwarnung", kommentierte Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy den Datenkranz für den Euroraum, wobei sich international ein ähnliches Bild zeigt.
Rückgang breit basiert
Gemessen an der Einkaufsmanagerumfrage bleibt die Euro-Wirtschaft klar im rezessiven Bereich. Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite fiel im Oktober um 0,7 auf 46,5 Punkte. Dies war nicht nur der stärkste Rückgang seit November 2020, als die Konjunktursorgen wegen der Corona-Pandemie extrem groß waren. Das Barometer notiert damit auch den fünften Monat in Folge unter der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum angezeigt wird. S&P Global bestätigte damit auch die Erstschätzung.
Laut S&P sorgte die hartnäckige Nachfrageflaute in den Orderbüchern der Unternehmen im Oktober für das höchste Auftragsminus seit der Staatsschuldenkrise im September 2012. Nur in den Monaten der Corona-Pandemie waren die Rückgänge größer. Das Exportneugeschäft brach sogar so stark ein wie selten zuvor seit Beginn der Erhebung dieser Daten im Jahr 2014, und die Lagerbestände schwanden so rasch wie im September, als sich der Lagerabbau so dynamisch wie zuletzt vor etwas mehr als drei Jahren zeigte. Wegen der gedämpften Geschäftsaussichten stoppte der seit 32 Monaten anhaltende Stellenaufbau im Oktober. Zugleich stiegen die Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen mit der niedrigsten Rate seit Februar 2021. Die Einkaufspreise wiederum legten nicht mehr ganz so stark zu wie zum 4-Monats-Hoch im September.
Drittes Minus in Folge
Industrie und Dienstleister schwächelten den dritten Monat in Folge – bei Letzteren nahm allerdings das Tempo zu. Das Barometer der Dienstleister sank um 0,9 auf 47,8 Punkte. Die Geschäftseinbußen fielen S&P zufolge so stark aus wie seit beinahe drei Jahren nicht mehr. "Es sieht so aus, als ob der Dienstleistungssektor auch im letzten Quartal einen schlechten Start erwischt hat", kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Die Nachfrageflaute sorgte für das höchste Auftragsminus seit Januar 2021, beim Exportneugeschäft war der Rückgang so heftig wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. "Der steile Rückgang des Neugeschäfts wirft kein rosiges Bild auf die Zukunft", sagte de la Rubia. Die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate hätten sich zwar etwas verbessert, lägen "aber immer noch weit unter dem langfristigen Durchschnitt".
Tourismus geht zurück
Unter den Ländern sticht für Chefökonom de la Rubia Spanien hervor – dort stagnierte das Wachstum. In der Rangliste folgte Italien, dicht dahinter Deutschland. Die rote Laterne verbleibt Frankreich. Der Tourismus, der vor allem für die südeuropäischen Länder eine wichtige Stütze darstellt, geht immer weiter zurück, betonte de la Rubia. "Alles in allem könnte das BIP der Eurozone im vierten Quartal sinken." Im dritten Quartal war die Euro-Wirtschaft um 0,1% geschrumpft. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen.
Diese droht auch der deutschen Wirtschaft, die im dritten Quartal gleichfalls um 0,1% geschrumpft war und für die im laufenden Quartal ein erneuter Rückgang zu erwarten steht. Wegen der hartnäckigen Nachfrageschwäche gab der PMI der Dienstleister im Oktober um 2,1 auf 48,2 Punkte nach und rutschte damit zurück in den roten Bereich. "Es sieht so aus, als stünden uns ein paar harte Monate bevor", sagte de la Rubia. "Die Serviceanbieter haben den Panikknopf zwar noch nicht gedrückt", seien aber pessimistischer als im historischen Durchschnitt. Höhere Zinssätze, ein neuer Krieg im Nahen Osten und gestiegene Ölpreise seien nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine rosige Zukunft.