Dienstleister drücken Stimmung

Einkaufsmanagerindex für Euroland nur knapp im Expansionsbereich - Frankreichs Wirtschaft schrumpft

Dienstleister drücken Stimmung

Die zweite Welle an Corona-Infektionen hat die Erholung der Wirtschaft im Euroraum im September ausgebremst. Während sich die Industrie etwas berappelt, trifft es die Dienstleister erneut hart. Im Quartalsdurchschnitt signalisiert der Einkaufsmanagerindex gleichwohl nach wie vor Wachstum.ba Frankfurt – Die Stimmung unter den Einkaufsmanagern im Euroraum hat sich im September angesichts der zweiten Welle an Corona-Infektionen stärker als erwartet eingetrübt. Der vom britischen Analysehaus IHS Markit ermittelte PMI Composite, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst, fiel vorläufigen Daten zufolge um 1,8 auf 50,1 Punkte. Analysten hatten im Schnitt mit einem geringeren Rückgang auf 51,5 Zähler gerechnet. Damit liegt das an den Finanzmärkten stark beachtete Stimmungsbarometer nur mehr knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und signalisiert quasi wirtschaftliche Stagnation.”Die Erholung der Eurozone kam im September zum Erliegen, da die wieder steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus in den Servicesektoren aller Länder zu neuerlichen Geschäftseinbußen führten”, kommentierte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit. Die Hauptsorge sei momentan, “ob sich die Septemberschwäche im vierten Quartal 2020 weiter intensiviert und die Wirtschaft nach einer enttäuschend kurzen Erholung im dritten Quartal wieder in die Rezession absackt”. Martin Moryson, DWS-Chefvolkswirt Europa, vermutet, dass der dynamischste Teil der Erholung bereits hinter den Volkswirtschaften der Eurozone liegen könnte und nun eine Phase schwächeren Wachstums einsetzt. Die Zahlen zeigten aber auch noch einmal, dass der EU-Wiederaufbaufonds seine Berechtigung habe. Konjunkturkiller zweite WelleFür Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, ist die zweite Coronawelle ein “Konjunkturkiller”, unter der die Dienstleistungsbranche leidet. Weitere Erleichterungen – etwa im Gastgewerbe und bei Veranstaltungen – würden unwahrscheinlicher, stattdessen drohten neue Einschränkungen der Geschäftstätigkeit, kommentierte Michael Holstein von der DZ Bank den Rückgang des entsprechenden Index von 50,5 auf 47,6 Punkte. Der Indikator ist damit in die Kontraktionszone gefallen.Das Industriebarometer hingegen ist um 2 auf 53,7 Punkte gestiegen. Zumindest bislang seien die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes von der zweiten Welle und den neuerlichen Einschränkungen weniger betroffen, erklärt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. “Offensichtlich haben wir es momentan mit einer Wirtschaft der zwei Geschwindigkeiten zu tun: Die Industrieproduktion boomt dank der anziehenden Nachfrage, insbesondere von den Auslandsmärkten, und der Wiedereröffnung der Einzelhandelsgeschäfte in vielen Ländern”, resümiert Williamson.Unter den von der Umfrage erfassten Ländern ist Deutschland laut IHS Markit beim Aufschwung führend. Da allerdings die Dienstleister erstmals seit drei Monaten wieder Geschäftseinbußen vermeldeten, büßte die Erholung zum zweiten Mal in Folge insgesamt an Fahrt ein – obwohl die Industrie den stärksten Produktionsanstieg seit Januar 2018 vermeldete. Der Composite PMI gab 0,7 auf 53,7 Punkte nach.In Frankreich, der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft, ist die Wirtschaft erstmals seit vier Monaten wieder geschrumpft: Der Composite PMI ist um 3,1 auf 48,5 Zähler gefallen. Den im Vergleich zu Deutschland größeren Rutsch erklärt Deka-Ökonom Christian Melzer mit den höheren französischen Infektionszahlen. 42 der 101 Departements werden aktuell von der Regierung in Paris als Risikogebiet ausgewiesen. In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern, darunter Spanien und Italien, sank den Angaben von IHS Markit zufolge die Wirtschaftsleistung im September zum zweiten Mal hintereinander, nachdem sie im Juli kurzfristig gewachsen war.Inklusive der Septemberdaten, so rechnet Melzer, ergibt sich der höchste Quartalsdurchschnitt beim Gesamteinkaufsmanagerindex in Euroland seit fast zwei Jahren. Dieser gebe ein klares Wachstumssignal für das dritte Quartal. Der Ausblick, der von den Septemberwerten ausgeht, sei aber deutlich verhaltener.