Dienstleister halten Euro-Wirtschaft auf Trab
Servicesektor hält Euro-Wirtschaft auf Trab
Einkaufsmanagerindex leicht nach oben revidiert − Schwungverlust in sämtlichen Ländern
ba Frankfurt
Die Nachfrageschwäche, vor allem aus dem Ausland, hat die Euro-Wirtschaft im Juni gebremst. Zwar ist gemessen am Einkaufsmanagerindex (PMI) noch ein Wachstum zu verzeichnen, allerdings hat die Dynamik nachgelassen. Und zwar nicht nur im Währungsraum insgesamt, sondern in jedem einzelnen der Länder, die in der monatlichen Umfrage analysiert werden. Dabei erweisen sich weiterhin die Dienstleister als Zugpferd, wohingegen die Industrie nicht vorankommt.
Der Dienstleister und Industrie zusammenfassende PMI Composite ist endgültigen Daten zufolge im Juni um 1,3 auf 50,9 Punkte gesunken. Die Erstschätzung lag noch bei 50,8 Zählern. Das Frühbarometer ist zwar erstmals seit Oktober wieder gefallen und signalisiert mit einem Wert oberhalb der neutralen 50er-Marke wirtschaftliche Expansion, doch sei „die Rate niedriger ausgefallen als in den beiden Vormonaten und insgesamt war nur ein Mini-Wachstum zu verzeichnen“, hieß es bei S&P Global.
Ausschlaggebend war laut S&P Global der erste Auftragsrückgang seit Februar: „Besonders schwach fiel dabei die Exportnachfrage aus.“ Gleichzeitig habe sich der Preisdruck in der Eurozone abgeschwächt. Die Steigerungsraten bei Einkaufs- und Verkaufspreisen liegen jedoch weiterhin über den jeweiligen Durchschnittswerten von vor der Pandemie.
Weiteres Stellenwachstum
„Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone kann vollständig dem Dienstleistungssektor zugeschrieben werden“, erklärte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt beim S&P-Partner Hamburg Commercial Bank. Während das verarbeitende Gewerbe im Juni deutlich schwächelte, hielten die Dienstleister fast das Tempo des Vormonats: Der Industrie-PMI gab um 1,5 auf 45,8 Punkte nach, der PMI der Dienstleister fiel um 0,4 auf 52,8 Zähler. „Angesichts der Aufwärtskorrektur der vorläufigen PMI-Zahlen stehen die Chancen gut, dass die Dienstleister die entscheidende Kraft bleiben werden, die das gesamtwirtschaftliche Wachstum für den Rest des Jahres im positiven Bereich hält“, erwartet der Chefvolkswirt.
Auch bei den Dienstleistern erwies sich das Exportneugeschäft als Belastungsfaktor: Der Auftragszuwachs war der schwächste seit Jahresbeginn und resultierte „einzig und allein aus der Binnennachfrage“, hieß es bei S&P. Der Stellenaufbau schwächte sich zwar auf ein Fünfmonatstief ab, blieb aber stärker als im langjährigen Mittel seit Umfragebeginn vor 26 Jahren. Die Geschäftsaussichten wurden zwar weiter optimistisch beurteilt, allerdings in der schwächsten Ausprägung in diesem Jahr.
Frankreich zeigt Schwäche
„Erfreulicherweise steht die Erholung im Dienstleistungssektor auf breiter Basis, wenn man die vier führenden Euro-Volkswirtschaften betrachtet“, schreibt de la Rubia. Im Juni sei Spanien erneut vorausgeeilt, Deutschland und Italien zeigten ein hohes Wachstumstempo. Lediglich Frankreichs Dienstleister konnten ihre Geschäftstätigkeit nicht ausweiten, sodass die Wirtschaft hier den zweiten Monat in Folge schrumpfte. Gemessen am PMI Composite meldeten fast alle von der Umfrage erfassten Länder im Juni Wachstum, Spanien behauptete sich an der Spitze.
Touristen stützen die Dienstleister
Stütze der Dienstleister ist für de la Rubia die hohe Anzahl von Touristen. „So ist der Index Neuaufträge aus dem Ausland, der Tourismus mit einschließt, seit sechs Monaten in einem fast durchgehenden Aufwärtstrend und der Indexwert liegt jetzt fast 2 Punkte über dem langfristigen Durchschnitt“, erklärte er. Private Statistiken hätten im ersten Quartal 7,2% mehr Einreisen in Europa verzeichnet als im Vorjahreszeitraum. Damit werde das Vor-Corona-Niveau wieder überschritten. In Deutschland bekomme der Fremdenverkehr durch die Fußball-EM noch einen zusätzlichen Schub. „Für die nächsten Monate dürfte der Tourismus weiterhin ein wichtiger Wachstumsfaktor für die Eurozone bleiben“, prognostiziert de la Rubia.