Draghi plädiert für Mut bei Eurozonen-Reform

"Keine Angst vor Vertragsänderungen"

Draghi plädiert für Mut bei Eurozonen-Reform

ahe Brüssel – Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat für mutige Reformen der Eurozone plädiert. Bei einer Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments sagte der Italiener, man dürfe “keine große Angst vor Vertragsveränderungen haben”, man müsse “über den Tellerrand der EU-Verträge hinausschauen”. Es gehe darum, die europäische Wirtschafts- und Währungsunion langfristig zu stärken. Die Krise habe zwar gezeigt, dass die Währungsunion durchaus widerstandsfähig sei, sagte Draghi. Sie sei aber nach wie vor anfällig und manchmal auch nur knapp an einem Abgrund vorbeigerutscht.Vor allem seit der französischen Präsidentschaftswahl steht eine Weiterentwicklung der Eurozone durch die Einführung eines eigenen Budgets oder auch eines europäischen Finanzministers – wie vom Wahlsieger Emmanuel Macron befürwortet – in der Diskussion. Die EU-Kommission will am morgigen Mittwoch ein Reflexionspapier zu einer möglichen Weiterentwicklung der Währungsunion vorlegen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zuletzt neue Instrumente wiederholt mit dem Hinweis abgelehnt, dass diese mit einer Änderung der EU-Verträge verbunden und daher zurzeit nicht durchsetzbar seien.Draghi befürwortete jetzt vor dem EU-Parlament grundsätzlich die Einführung eines Eurozonen-Budgets. Allerdings brauche man dafür mehr Vertrauen zwischen den Mitgliedsländern und mehr Konvergenz. Dazu gehörten auch mehr politische Konvergenz und Fortschritte bei der Bankenunion, betonte der EZB-Chef. Teil der Schwäche der heutigen Währungsunion sei, dass sie noch nicht vollendet sei. Wichtig sei nun, dass es eine klare gemeinsame Ausrichtung der Euro-Mitgliedstaaten gebe. Mögliche Veränderungen des Eurorettungsschirms ESM in diesem Zusammenhang sieht Draghi eher als langfristige Frage. Es sei viel zu früh, hierzu etwas zu sagen. Lockere Geldpolitik nötigDraghi verteidigte auch noch einmal die lockere Geldpolitik seines Hauses. Die EZB ist nach seinen Worten weiterhin fest davon überzeugt, dass ein “außergewöhnliches Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung” immer noch nötig ist. Zuletzt wurde seitens der EZB immer wieder betont, dass die Leitzinsen noch weit über das bis mindestens zum Jahresende geplante Anleihekaufprogramm hinaus auf dem derzeitigen oder auf einem niedrigeren Niveau verbleiben werden. Die nächste Zinssitzung des EZB-Rates ist für den 8. Juni angesetzt. Draghi ist vor allem die Inflation immer noch zu niedrig. Der Kostendruck, insbesondere von den Löhnen, sei noch nicht ausreichend.