Draghi will warten

EZB-Präsident sieht die Bedingungen für einen Abschied von Nettoanleihekäufen noch unerfüllt

Draghi will warten

Knapp eine Woche nach dem jüngsten Mini-Schritt hin zu einem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, klargestellt, dass sich die Märkte noch in Geduld üben müssen. Noch sei eine zentrale Bedingung nicht erfüllt. fed Frankfurt – Draghi fasste anlässlich einer Fachkonferenz in Frankfurt die Anforderungen an die Arbeit der EZB in drei Schlagworten zusammen: Ihre Geldpolitik müsse “geduldig, beständig und umsichtig sein”. Etwas konkreter – mit Blick auf das hitzig diskutierte Thema Anleihekäufe – erklärte der Italiener, es gebe eine “sehr klare Bedingung”, die erfüllt sein müsse, bevor die EZB die Nettoanleihekäufe beende: “Wir müssen eine nachhaltige Anpassung des Inflationspfads hin zu unserem Ziel erkennen, nämlich einer Inflation von unter, aber nahe 2 % auf mittlere Sicht.”Zwar gebe es immer mehr Grund zur Zuversicht, dass sich die Teuerungsrate auf diesem Kurs befinde. Zugleich bestünden aber weiterhin Risiken und Unsicherheiten. Draghi verwies darauf, dass die gegenwärtige konjunkturelle Erholung nicht so stark auf die Teuerung durchschlage, wie das in früheren Aufschwungphasen der Fall gewesen sei. Zudem erinnerte der EZB-Präsident an Risiken, die die Inflation wieder drücken könnten. Zum einen zählten dazu die US-Importzölle, die zwar zunächst kaum Folgen hätten, aber von denen weitreichende Zweitrundeneffekte ausgehen könnten. Zum anderen nannte Draghi die Aufwertung des Euro seit Anfang 2017, die sich nicht allein auf hiesige Fundamentaldaten gründen lasse. “Das ist eine Entwicklung, die wir näher beobachten müssen”, unterstrich der EZB-Chef.Draghi bekräftigte “unsere Zusicherung, die Zinsen weit über das Ende der Nettoanleihekäufe hinaus auf ihrem derzeitigen Niveau zu belassen”. Diese Ansage sei wichtig, damit nicht Spekulationen über einen voreiligen Zinsschritt entstünden, die wiederum den aktuellen geldpolitischen Stimulus beeinträchtigten. Er versprach in diesem Zusammenhang, dass die Geldpolitik der EZB berechenbar bleibe. Interaktiver LernprozessIn der anschließenden Podiumsdebatte brach EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet eine Lanze für ein graduelles, schrittweises Vorgehen. Die EZB könne nicht einfach den Kurs ändern, sobald sich in den Daten ein paar Muster zeigten. Die Herausforderung bei der Normalisierung der Geldpolitik bestehe vielmehr darin, in einem “interaktiven Prozess” gegenseitig voneinander zu lernen: “Die EZB muss von den Marktteilnehmern lernen, die Marktteilnehmer von der EZB.” Daraus ergebe sich, dass der Abschied von den Nettoanleihekäufen eben nicht sprunghaft geschehen werde, sondern gemächlich. 167 Mrd. Euro ReinvestmentsDraghi hatte zuvor daran erinnert, dass die Notenbanken ja ohnehin auch nach dem Ende der Nettokäufe noch reichlich Titel erwerben würden – im Zuge der Reinvestments fällig werdender Anleihen. Bis Februar 2019 würden sich allein diese Reinvestitionen auf 167 Mrd. Euro summieren. Praet warb um Geduld, dass die EZB noch Konjunkturdaten abwarten wolle, bevor sie sich entscheide, was mit dem Ankaufprogramm ab September geschehe und wie sie sich anschließend zinspolitisch aufstellen wolle. Zugleich zeigte der Belgier Verständnis für das Interesse von Marktteilnehmern daran, was mit der Niedrig-Leitzins-Ansage “weit über das Ende der Nettoanleihekäufe hinaus” denn genau gemeint sei. Je näher das Ende der Nettoanleihekäufe rücke, desto genauer müsse die EZB die Märkte vorbereiten.