Druck auf Schuldenländer wächst

Neue Daten zur Lage der Staatshaushalte in der Eurozone - Angst vor der Zinswende

Druck auf Schuldenländer wächst

Die Schuldendynamik in Europa ist trotz Konsolidierungsprogrammen und Einsparversprechungen bislang noch nicht gestoppt. Schon in wenigen Jahren könnte die Schuldenlast in der Eurozone die Schwelle von 100% des BIP überschreiten.lz Frankfurt – Der Schuldenberg der Euro-Länder ist zu Jahresbeginn auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat kletterte er im ersten Quartal auf über 9 Bill. Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), einem Indikator für die Schuldenlast, waren es 93,9 % – 1,4 Prozentpunkte mehr als im Jahr davor. Die Staatsverschuldung ist – auch mit Blick auf die USA (104,5 %) und Großbritannien (91,1 %) – aber kein Problem allein des Euro-Währungsgebiets.Unter den Staaten mit den höchsten Verschuldungsquoten lag auch zu Jahresanfang das Euro-Sorgenkind Griechenland ganz vorne (174,1 %), gefolgt von Italien (135,6 %) und Portugal (132,9 %). Deutschland befindet sich mit 77,3 % im Mittelfeld, konnte aber als eines der wenigen Länder (wie Belgien und Polen) die Schuldenbelastung etwas senken. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt legt für die Eurozone eigentlich Höchstmarken fest. Danach dürften die gesamten Schulden eines Staates 60 % des BIP eigentlich nicht überschreiten.Bislang hatten die Konsolidierungsprogramme für die Euro-Krisenländer, aber auch für Kernländer wie Italien und Frankreich bewirkt, dass der Schuldenanstieg sich etwas verlangsamt hat, weil die Haushaltsdefizite geringer ausgefallen sind, die Zinsen niedrig sind und das Wachstum zuletzt wieder angezogen hatte. Die Rezession in der Eurozone war überstanden und die Wachstumshoffnungen speziell in den Krisenländern fanden neue Nahrung. Doch inzwischen sind mit den geopolitischen Entwicklungen und den schlechten Daten vor allem aus der deutschen Wirtschaft, die bisher als Wachstumslokomotive fungierte, Zweifel am einsetzenden Aufschwung aufgekommen – und damit auch an der Realisierung der versprochenen Konsolidierungsziele. “Alarmglocken schrillen””Das gesamtwirtschaftliche Bild ist enttäuschend und jüngste Daten aus Deutschland lassen die Alarmglocken schrillen”, warnte jetzt etwa Italiens Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan vor dem Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments. Die Erholung der Eurozone stehe “auf wackeligen Beinen”. Schon im gegenwärtigen noch eher entspannten Konjunkturumfeld sind Zweifel an den Einsparungszusagen der italienischen Regierung aufgekommen. Auch im Hinblick auf Frankreich wird immer wieder debattiert, ob für das Erreichen der Sparziele nicht noch ein weiterer zeitlicher Aufschub vonnöten ist.Selbst unter ungünstigeren konjunkturellen Bedingungen steht Deutschland fiskalisch viel besser da als die meisten anderen Euro-Staaten. Der Haushalt ist ausgeglichen, was in einer wachsenden Volkswirtschaft den Schuldenstand schnell sinken lässt. Das gilt aber nur für die ausgewiesene Staatsverschuldung. Dem stehen Ausgabenversprechen und kostenträchtige Gesetze gegenüber, die in der Zukunft mehr Staatsausgaben nach sich ziehen – die sogenannte implizite Verschuldung. Nach Berechnungen der Stiftung Marktwirtschaft ist diese im Fall von Deutschland wegen der jüngsten Rentenbeschlüsse und der Ausweitung von Sozialleistungen wieder angestiegen auf zusammen 241 % des BIP. Um weitere Konsolidierungsmaßnahmen wird man wohl auch in Zukunft also nicht herumkommen.Nach dieser Rechnung steht Italien übrigens mit einer negativen impliziten Verschuldung weitaus besser da als in der offiziellen Schuldenbetrachtung. Denn der Anteil der altersabhängigen Ausgaben am BIP wird sich nach Einschätzung der Experten langfristig kaum erhöhen, zudem weise der Haushalt einen deutlichen Primärüberschuss aus – einen Überschuss ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen. Demgegenüber errechnet sich etwa für Spanien, Großbritannien und Griechenland eine implizite Verschuldung zwischen 632 und 672 % des BIP. Die Finanzierungsprobleme sind also gewaltig.