Hohe Inflation

Düstere Aussichten für die Türkei

Die wirtschaftliche Lage der Türkei ist angespannt. Die Inflation steigt wieder kräftig, und die Teuerungsprognose der Notenbank hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Gleichzeitig gibt es Sorgen um die Finanzstabilität des Landes.

Düstere Aussichten für die Türkei

Düstere Aussichten für die Türkei

Finanzstabilität bereitet Sorgen – Teuerung steigt kräftig – Inflationsprognosen hoch

mpi Frankfurt

Die infolge der angespannten Haushaltslage verkündeten Steuererhöhungen in der Türkei schlagen auf die Entwicklung der Inflation durch. Die Verbraucherpreise kletterten im Juli im Jahresvergleich um 47,8%, nach 38,2% im Juni. Damit fällt der Anstieg noch etwas höher aus als von Ökonomen im Vorfeld prognostiziert. Zuvor war die Inflation in der Türkei acht Monate in Folge gesunken.

Von Januar bis zur Präsidentschaftswahl im Mai hatte das türkische Staatsdefizit deutlich zugelegt, da Präsident Recep Tayyip Erdogan im Wahlkampf verschiedene Staatsleistungen erhöht hatte, die den Haushalt belasten. Um die Finanzstabilität der Türkei nach dem Wahlsiegs Erdogans zu verbessern, verkündete der neue Finanzminister Mehmet Simsek mehrere Steuererhöhungen. Die Mehrwertsteuer, aber auch die Abgaben auf Benzin und Diesel oder die Steuern beim Kauf von Grundstücken und Häusern stiegen zuletzt. Dies wirkt sich jetzt genauso wie der höhere Mindestlohn preistreibend in der Türkei aus.

Ein weiterer Faktor ist die Entwicklung der türkischen Lira. In diesem Jahr hat sie gegenüber dem Dollar rund 30% verloren. 2022 waren es ebenfalls 30% und 2021 sogar 44%. Die türkische Währung hatte massiv unter der unorthodoxen Geldpolitik der türkischen Notenbank gelitten. Trotz hoher Inflation erhörte sie den Leitzins bis zum Kurswechsel im Juni nicht – sondern senkte ihn sogar mehrfach. Ziel der lockeren Geldpolitik war eine Stimulierung der schwächelnden türkischen Wirtschaft durch günstigere Kreditkonditionen. Da die türkische Wirtschaft viele Rohstoffe für die Produktion aus dem Ausland importiert, wirkt sich eine schwache Lira inflationsverstärkend aus.

Umstrittene Maßnahme

Um Devisenabflüsse ins Ausland zu reduzieren und so die Lira und die heimische Wirtschaft zu stärken, verkündete die türkische Bankenaufsicht Anfang dieser Woche eine umstrittene Maßnahme. Sie schränkte die Nutzung von türkischen Kreditkarten ein. So sollen etwa Ratenzahlungen für die Buchung von Flügen und Unterkünften nicht mehr möglich sein, wenn das Geld ins Ausland fließt. Die Entscheidung der Bankenaufsicht, die sie mit einer Erhöhung der türkischen Finanzstabilität begründete, stieß besonders bei Reiseveranstaltern auf scharfe Kritik.

Selbst wenn diese Maßnahme die Lira wie geplant stützen sollte, bleiben die Inflationsprognosen für die Türkei dennoch düster. „Auf den sprunghaften Anstieg der Inflation dürften in den kommenden Monaten weitere Preiserhöhungen folgen, da der jüngste starke Verfall der Lira und die Mehrwertsteuererhöhungen noch durchschlagen werden”, sagte Volkswirt Liam Peach von Capital Economics.

Dieser Einschätzung widerspricht auch die türkische Notenbank nicht. Ende Juli hatte die Zentralbank ihre Inflationsprognose mehr als verdoppelt. Am Jahresende dürfte die Teuerungsrate bei 58,0% liegen, hatte die neue Notenbankchefin Hafize Gaye Erkan mitgeteilt. Der Internationale Währungsfonds IWF rechnet damit, dass die türkische Inflation 2023 die fünfthöchste weltweit ist.

Für die türkische Notenbank stehen somit schwierige Monate an. Sie muss zum einen die Zinsen weiter anziehen – seit Juni ist der Leitzins von 8,5% auf 17,5% gestiegen –, damit sie die Inflation wieder unter Kontrolle bekommt. Zum anderen muss sie jedoch auch die Finanzstabilität des Landes im Blick behalten und darf nicht zu stark straffen.

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