Dynamischeres Gründungsgeschehen
Dynamischeres Gründungsgeschehen
Motivation der Unternehmer verschiebt sich
ba Frankfurt
Männlich, jung, mit Migrationshintergrund und zumeist mit einem abgeschlossenen Studium versehen: So sieht laut dem Global Entrepreneurship Monitor (GEM) 2023/24 der typische Gründer hierzulande aus. Die Erhebung für Deutschland hinsichtlich Gründungsquoten, Gründungsmotiven und Gründungseinstellungen hält noch weitere Erkenntnisse bereit: Das Gründungsgeschehen ist zuletzt dynamischer geworden und die Motivation der Gründer hat sich verschoben. Statt Familientradition steht nun der Wunsch im Vordergrund, entweder die Welt zu verändern oder großen Wohlstand zu erwirtschaften.
Zweithöchster Wert
Laut dem RKW Kompetenzzentrum sowie dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover ist die Gründungsquote 2023 auf 7,7% gestiegen. Das ist der zweithöchste Wert der seit 1999 jährlich erhobenen Datenreihe. Die Corona-Delle ist längst ausgeglichen: 2019 lag die Gründungsquote bei 7,6%, 2020 brach sie auf 4,8% ein. Das Allzeithoch von 9,1% stammt aus dem Jahr 2022. Wie stark die Dynamik zugelegt hat, zeigt der Vergleich zu den Jahren von 1999 bis 2018, in dem die Gründungsquote im Mittel nur bei 5,0% lag. Die GEM-Gründungsquote wird als Anteil derjenigen 18- bis 64-Jährigen definiert, die während der vergangenen 3,5 Jahre ein Unternehmen gegründet haben und/oder gerade dabei sind, ein Unternehmen zu gründen.
Jüngere gründen eher
Der Blick auf die Gründerbiografien zeigt, dass mit 13,3% die meisten in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen zu finden sind, gefolgt von den 18- bis 24-Jährigen, mit 11,0%. Laut GEM hat sich die Gründungsquote in der jüngsten Altersgruppe seit 2017, als es noch 3,4% waren, bis 2023 mehr als verdreifacht hat. Mit 3,0% war zudem ein „nennenswerter Anteil an Gründungspersonen schon in der Ausbildung, im Studium beziehungsweise neben der Schule unternehmerisch aktiv“, heißt es im GEM. Am schwächsten ausgeprägt war die Gründungsquote bei den 55- bis 64-Jährigen mit 3,0%.
Großer Gendergap
Wenig überraschend haben seit dem Start des GEM im Jahr 1999 Frauen seltener gegründet als Männer. Im vergangenen Jahr standen 5,9% gründenden Frauen 9,3% Männer gegenüber. Deutschland ist dabei aber keine Ausnahme: Seit Beginn des GEM-Projekts waren „in allen Jahren und fast allen teilnehmenden GEM-Ländern (Ausnahmen 2023: Ecuador, Thailand, Kolumbien, China und – als einziges Hocheinkommensland – Litauen) die Gründungsquote der Männer höher als jene der Frauen“. Wenn allerdings hierzulande eine Frau gegründet hat, dann war sie zumeist Akademikerin.
Unter den weiblichen „Young-Entrepreneure“, also jenen, die während der letzten 3,5 Jahre gegründet haben, haben über alle Altersgruppen hinweg 51,7% einen Hochschulabschluss. Bei den Nichtgründerinnen sind es 25,9%. Bezogen auf sämtliche Gründungspersonen stellen Hochschulabsolventen den höchsten Anteil: 29,2% haben einen Abschluss einer Universität erlangt und 12,8% einer Fachhochschule. In der Gesamtbevölkerung haben nur 19,0% einen Studienabschluss.
Migranten überproportional beteiligt
Ebenfalls überproportional stark ausgeprägt ist die Gründungsneigung unter Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Hier liegt die Gründungsquote bei 12,6%, das sind 5,6 Prozentpunkte mehr als in der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte. Zudem ist hier die Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen mit 56,4% besonders stark vertreten. Damit setzt sich der Trend der vergangenen fünf Jahre fort.
Familientradition verliert an Wert
Bei den Gründungsmotiven aber verzeichnet der GEM über die letzten Jahre hinweg eine Verschiebung: 2021 wurde der Wunsch, die Welt zu verändern, von 39,3% genannt. 2023 waren es 50,5%. Der Wunsch, großen Wohlstand zu erwirtschaften, nahm von 43,6% im Jahr 2021 auf 56,3% im Jahr 2023 zu. Das Motiv, eine Familientradition fortzuführen, halbierte sich unterdessen von mehr als 60% Prozent allerdings im Jahr 2019 auf etwa 30% im Jahr 2023. Zugleich hätten aber 36,2% der Gründungspersonen ein direktes unternehmerisches Vorbild in der eigenen Familie.