DZ Bank warnt vor neu aufflammender Euro-Krise

Chefvolkswirt Bielmeier: EZB-Geldpolitik verdeckt die sich wieder aufbauenden Ungleichgewichte

DZ Bank warnt vor neu aufflammender Euro-Krise

lz Frankfurt – Die Gefahr einer neuen Euro-Krise steigt. Davon ist Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank, überzeugt mit Verweis auf die sich wieder aufbauenden strukturellen Ungleichgewichte, den absehbaren Ausstieg der EZB aus der ultralockeren Geldpolitik und den sich weitenden Zinsspreads bei reformunfähigen Staaten der Währungsunion. Bielmeier rechnet mit einer Zuspitzung allerdings erst zwischen den Jahren 2018 und 2019, wenn die Zinsen bereits deutlich höher sind und die Fragen nach der fiskalischen Tragfähigkeit der Staatsfinanzen immer drängender gestellt werden. “Dann werden wir vor der Frage stehen: Gehen wir stärker in eine Transferunion oder lösen wir die strukturellen Probleme?”, stellte er bei der Präsentation des Jahresausblicks 2017 in den Raum.Die Eurozone hat seit Jahren mit großen Ungleichgewichten zu kämpfen. Einige Länder wie Deutschland sind wirtschaftlich robust und exportieren viel mehr Güter in andere Euro-Länder, als sie von dort importieren. Viele Ökonomen machen dafür strukturelle Probleme in Krisenländern etwa am Arbeitsmarkt verantwortlich. Andere sehen dagegen Deutschland in der Pflicht und verlangen höhere Löhne hierzulande und einen stärkeren Fiskalimpuls aus Berlin. Letzteren hält Bielmeier indes für ziemlich unwirksam, weil die davon erhofften konjunkturstimulierenden Effekte in den anderen Ländern begrenzt seien.Aus seiner Sicht wird sich die Eurozone, um einen Zerfall zu verhindern, deshalb immer mehr zu einer Transferunion entwickeln, was dann jedoch immer stärkere Widerstände in den “Geberländern” hervorrufen und in einer weiteren Phase dann doch eine politische Existenzkrise nach sich ziehen wird.Allerdings stehen bereits in den nächsten Monaten einige politische Herausforderungen bevor wie das Verfassungsreferendum in Italien, das die Voraussetzungen für Strukturreformen verbessern soll. Hier zeichnet sich eine Niederlage von Ministerpräsident Matteo Renzi ab. Zudem wächst die Macht populistischer und nationalistischer Strömungen. Bielmeier verweist auf die anstehenden Wahlen in Österreich, Frankreich und den Niederlanden. Derzeit würden die Probleme im Euroraum durch die lockere Geldpolitik noch überdeckt, so Bielmeier. Sobald die Europäische Zentralbank (EZB) aber die Zügel wieder straffer ziehe, könnten die Probleme wieder ins Auge fallen und auch die Renditen von Staatsanleihen in den neuen Krisenländern drastisch steigen.Zinserhöhungen durch die EZB sind nach Einschätzung des Chefvolkswirts zwar vorerst “definitiv” ausgeschlossen. Ab kommendem Sommer dürfte aber die Diskussion um eine Reduzierung der EZB-Wertpapierkäufe beginnen. Derzeit kauft die EZB monatlich Wertpapiere im Volumen von durchschnittlich 80 Mrd. Euro. Das Programm soll noch bis mindestens März 2017 laufen, wird nach seiner Überzeugung aber wohl verlängert zum Ende nächsten Jahres. “Trump wird eingefangen”Die durch die US-Präsidentenwahl befürchteten strukturellen Veränderungen der politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen hält Bielmeier entgegen vielen seiner Kollegen indes für “weit überzeichnet”. Der künftige US-Präsident Donald Trump werde “rationaler agieren” als vielfach erwartet. Bielmeier: “Trump ist Geschäftsmann, der zunächst versucht, mit Forderungen zu erschrecken.” In der Nato habe das ja bereits Früchte getragen: Die anderen Mitglieder des Verteidigungsbündnisses hätten bekundet, ihre Verteidigungsausgaben zu steigern.Bielmeier erwartet, dass Trump einige seiner Wahlversprechen als “Leuchtturmprojekte” durchzieht, alle anderen Positionen aber verwässert, weil sie kontraproduktiv zu seinen Zielen seien, das Wirtschaftswachstum abschwächten und die Arbeitslosenquote steigen ließen. Die Republikanische Partei wird Trump seiner Meinung nach “einfangen”, weil sie ihre Machtbasis stärken wolle; und das funktioniere nicht bei steigender Arbeitslosigkeit. Die für die Regierungsmannschaft gehandelten Namen stünden “auch nicht für ein komplettes Umkrempeln der Wirtschaftspolitik”. Und daher ist in seinen Augen auch die an den Märkten grassierende Angst vor einer Inflationierung durch Trump “übertrieben”. Ebenso werde der US-Dollarkurs zum Euro eher seitwärts tendieren.