NOTIERT IN NEW YORK

Ebola-Angst bringt Big Apple um den Schlaf

Im Allgemeinen sind die New Yorker weitgehend angstfrei. Während das Trauma des 11. September 2001 in Teilen der Südstaaten noch immer kaum bewältigt scheint, geht im Big Apple längst wieder alles seinen entspannten Gang. Das könnte sich indes schon...

Ebola-Angst bringt Big Apple um den Schlaf

Im Allgemeinen sind die New Yorker weitgehend angstfrei. Während das Trauma des 11. September 2001 in Teilen der Südstaaten noch immer kaum bewältigt scheint, geht im Big Apple längst wieder alles seinen entspannten Gang. Das könnte sich indes schon bald ändern. Die Angst vor dem Ebola-Virus hat in den vergangenen Tagen sowohl Stadtverwaltung als auch immer mehr Einrichtungen erfasst. Rund 40 % aller Ankömmlinge aus den Ebola-betroffenen Regionen reisen über New Yorker Flughäfen in die USA ein. Daher erscheint den örtlichen Behörden eine Erhöhung der Sicherheitsstufe in jedem Fall angebracht.Die Maßnahmen beschränken sich bei weitem nicht auf die Untersuchung von Einreisenden an den internationalen Flughäfen. Auch in Kindergärten und Schulen werden die Vorsichtsmaßnahmen fast im Wochentakt erhöht. Auf Krankheitssymptome wird zum Teil schon gar nicht mehr gewartet. So werden Eltern angewiesen, Kinder, die sich in den betroffenen Ländern aufgehalten haben oder Kontakt zu Menschen hatten, die von dort eingereist sind, mindestens 21 Tage von der Einrichtung fernzuhalten. Selbst wenn weder Kind noch Mitreisende Symptome zeigen. Zudem sind die Eltern angewiesen, Reisepläne in die Region vorab anzuzeigen. Die extreme Vorsicht bedeutet indes nicht, dass es schon eine akute Gefährdungslage für New Yorks Bürger gäbe. Vielmehr ist sie darauf zurückzuführen, dass gerade bei Kindern besonders penibel darauf geachtet wird, keine Gefahr zu unterschätzen. So werden etwa bei einem Banküberfall im gleichen Stadtviertel meist sofort alle Schulen und Kindergärten auf Hinweis der Polizei abgeriegelt und erst nach Entwarnung wieder geöffnet.Die städtischen Behörden haben derweil die Vorbereitungen zur sicheren Behandlung von Ebola-Patienten hochgefahren. Insgesamt 350 000 Mitarbeiter – vom Krankenhausangestellten bis zum Schülerlotsen – werden geschult, um im Ernstfall richtig zu reagieren. Dabei geht es vorerst vor allem um die Vermittlung von Basiswissen. So steht neben angemessenen Vorsichtsmaßnahmen auch der Abbau übertriebener Ängste auf dem Programm. So fürchteten einige Angestellte, Ebola lasse sich so leicht übertragen, dass das Berühren eines Türknaufs genüge, den zuvor ein Infizierter angefasst habe. Ausgeschlossen werden könne zwar kaum etwas, eine derartige Übertragung sei aber höchst unwahrscheinlich, versichern die Experten.Erste potenziell Erkrankte haben sich in New York bereits untersuchen lassen. Allerdings war bei keinem der 155 Verdachtsfälle Ebola festgestellt worden. Dafür wurden Schwangerschaften, Nebenhöhlenentzündungen, Malaria oder auch mal ein einfacher Magen-Darm-Virus diagnostiziert. Während die meisten städtischen Mitarbeiter nur die Basisinformationen erhalten, durchlaufen tausende Ärzte, Krankenpfleger sowie andere Mitarbeiter des Gesundheitswesens ein Spezialtraining. Damit folgen die Behörden dem Aufruf von Gewerkschaften, die nach der Infizierung von Pflegekräften eine bessere Schulung gefordert hatten. Künftig wird jeder, der mit Ebola-Verdachtsfällen zu tun hat, zuvor eine siebenteilige Schutzausrüstung anziehen müssen. Hat das Krankenhaus nicht genug, wird die Stadt Schutzanzüge stellen. Ersten Stimmen der Schulungsteilnehmer zufolge konnten die Ängste aber kaum reduziert werden. “Wenn Ebola nach New York City kommt, wird das eine furchtbare Katastrophe”, war sich eine Ärztin laut “Wall Street Journal” sicher.In der weniger informierten Bevölkerung herrscht indes noch größere Panik als unter Experten. So berichten US-Bürger mit Wurzeln im Ebola-betroffenen Liberia von Anfeindungen und Beschimpfungen ihrer Kinder an den Schulen. Auch Erwachsene erfahren eine rasante Veränderung im Kontakt mit Mitmenschen. “Man wird nicht mehr als Person wahrgenommen, sondern nur noch als Krankheitsüberträger”, klagt ein liberianischer Pfarrer. Auch Gesundheitsmitarbeiter können zwar auf die Krankheit, aber kaum auf die Reaktionen ihrer Mitmenschen vorbereitet werden. So wurde der einjährige Sohn einer Ärztin aus seiner Kindertagesstätte verwiesen, nachdem diese eine Arbeitsreise in den Senegal ankündigte. Im Senegal gab es bislang einen einzigen Ebola-Fall.