PERSONEN

Ehemalige Fed-Ökonomin komplettiert Vorstand

Von Peter De Thier, Washington Börsen-Zeitung, 21.9.2018 Kein US-Präsident vor ihm hatte die Gelegenheit zu einer so umfangreichen personellen Umgestaltung des Notenbankvorstands. Mit der Nominierung der langjährigen Fed-Ökonomin Nelle Liang (60)...

Ehemalige Fed-Ökonomin komplettiert Vorstand

Von Peter De Thier, WashingtonKein US-Präsident vor ihm hatte die Gelegenheit zu einer so umfangreichen personellen Umgestaltung des Notenbankvorstands. Mit der Nominierung der langjährigen Fed-Ökonomin Nelle Liang (60) für den letzten freien Sitz im Direktorium der Federal Reserve hat Donald Trump nun die Weichen gestellt, dass der Zentralbankvorstand in den kommenden Monaten wieder vollständig besetzt sein könnte.Liang, die 1979 ihren Abschluss an der Notre-Dame-Universität erwarb und später an der University of Maryland promovierte, ist eine ausgewiesene Expertin in Fragen der Finanzmarktaufsicht und Finanzregulierung. Seit 1986 arbeitete sie als Ökonomin bei der Fed und war 2010 an der Gründung des Office of Financial Stability Policy and Research beteiligt. Zuvor hatte Liang, die eine registrierte Demokratin ist, eng mit der Regierung des damaligen Präsidenten Barack Obama zusammengearbeitet, um Instrumente zur Bewältigung der Finanzkrise zu entwickeln. Unter anderem war sie maßgeblich an der Umsetzung der ersten Stresstests für US-Banken beteiligt.Durchaus überraschend ist nach Ansicht von Analysten, dass Trump ausgerechnet einer registrierten Demokratin den Zuschlag gibt, die in den wichtigsten, geldpolitisch relevanten Punkten den vom Präsidenten vertretenen Standpunkten widerspricht. So tritt Liang für striktere Regulierung ein, während sich Trump für eine deutliche Lockerung der Finanzaufsicht ausgesprochen hat und auf der Seite jener steht, die das Dodd-Frank-Gesetz – der Eckpfeiler der Finanzmarktregulierung im Gefolge der Krise – kippen wollen.Interessant ist, dass die Ökonomin vergangenes Jahr Kritik an der lockeren Geldpolitik der Notenbank zurückwies. Dies habe die Finanzstabilität gefördert und der Resilienz der Banken nicht geschadet, sondern deren Anfälligkeit für Rückschläge gemindert, meinte sie. Einige Beobachter glauben, dass Trump darauf setzt, in Liang eine Fürsprecherin gefunden zu haben, die wie er die Niedrigzinspolitik beibehalten will und zumindest eine Stimme wäre, die sich gegen eine restriktivere Geldpolitik ausspricht. Dasselbe könnte sich Trump auch von Mary Daly, der künftigen Chefin der Federal Reserve Bank von San Francisco erhoffen, die die Geldpolitik in den Dienst einer noch niedrigeren Arbeitslosenquote stellen möchte.Liang ist bereits der sechste Kandidat, den Trump für den Board of Governors der Fed nominiert hat. Seine prominenteste Ernennung war Notenbankchef Jerome Powell, mit dem der Präsident mittlerweile im Clinch liegt, weil Powell angesichts steigender Inflation und höherer Löhne unbeirrt an einer Normalisierung der Geldpolitik festhält. Trump hingegen befürchtet, dass höhere Zinsen den konjunkturellen Aufschwung abwürgen und ihm politisch schaden könnten. Zwei Nominierte warten nochPowell wurde ebenso wie der Vice Chair Richard Clarida und der für Bankenaufsicht zuständige Randal Quarles bereits vom Senat bestätigt. Der Ökonomen Marvin Goodfriend und die Bankenaufsehern Michelle Bowman warten noch auf ihre Bestätigung. Auch über Liang, die 2017 aus der Fed ausschied und zur Brookings Institution wechselte, wird vor den Kongresswahlen im November wohl nicht mehr abgestimmt.